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Messung verwirklicht werden kann. Wenn das richtig würe, so
würde es z. B. keinen exakten geometrischen Beweis geben. Denn
jeder Strich, den man auf dem Papier ziehen kann, ist in Wirk-
lichkeit keine Linie, sondern ein mehr oder weniger schmaler
Streifen, und jeder gezeichnete Punkt ist in Wirklichkeit ein
kleinerer oder größerer Fleck. Trotzdem zweifeln wir nicht an
der strengen Beweiskraft geometrischer Konstruktionen.
Mit dem Gedankenexperiment erhebt sich der Geist des For-
schers über die Welt der wirklichen Meßwerkzeuge hinaus, sie
verhelfen ihm zur Bildung von Hypothesen und zur Formu-
lierung von Fragen, deren Prüfung durch wirkliche Experimente
ihm den Einblick in neue gesetzliche Zusammenhänge eröffnet,
auch in solche Zusammenhänge, welche einer direkten Messung
unzugänglich sind. Ein Gedankenexperiment ist an keine Ge-
nauigkeitsgrenze gebunden, denn Gedanken sind feiner als
Atome und Elektronen, auch fällt dabei die Gefahr einer kau-
salen Beeinflussung des zu messenden Vorganges durch das
Messungsinstrument fort. Die einzige Bedingung, von der die
erfolgreiche Durchführung eines Gedankenexperimentes ab-
hängt, ist die Voraussetzung der Gültigkeit widerspruchsfreier
gesetzlicher Beziehungen zwischen den betrachteten Vorgängen.
Denn was man als nicht vorhanden voraussetzt, darf man auch
nicht zu finden hoffen.
Gewiß ist ein Gedankenexperiment eine Abstraktion. Aber
diese Abstraktion ist dem Physiker, und zwar sowohl dem
Experimentator wie dem Theoretiker, bei seiner Forschungs-
arbeit ebenso unentbehrlich ‘wie diejenige, daß es eine reale
Außenwelt gibt. Denn ebenso wie wir bei jedem Vorgang, den
wir in der Natur beobachten, etwas voraussetzen müssen, was
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