Otto Intze, 
der Talsſperren-Erbauer (1843 + 1904). 
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Elementarkatastrophen, 
von denen die Menſchheit bedroht ist, allmählich ihre Schrecken zu einem 
großen Teil eingebüßt haben und von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ungefähr- 
licher werden. Wenn wir auch noch weit, ſehr weit von dem idealen Ziele 
entfernt sind, wo wir die elementaren Naturkatastrophen als vollständig 
gebändigt betrachten dürfen, ſo hat doch etwa in den letzten zwei Jahr- 
hunderten die zivilisierte Menſchheit ganz gewaltige Fortſchritte gemacht, 
um den Zorn der wilden Elementargottheiten zu bändigen oder ihn in un- 
schädlicher Weise ſich austoben zu laſſen, ohne daß Menſchenleben und hohe 
Kulturwerte dabei gefährdet werden. Es sei nur etwa erinnert an die Ein- 
ſchränkung der Blitgefahr durch Franklin, die ja ein typiſches Beispiel da- 
für bietet, wie eine furchtbare Naturkraft, die einst wie eine unentrinnbare 
Schickſalsgottheit jahraus jahrein über der entſeßten Menſchheit schwebte, 
heute, mindestens in den Zentren der menſchlichen Zivilisation, ihre Schrecken 
 verlorenhat, ſeit Franklins Genie den Zauberstab fand, dem auch die feurige 
Himmelsſchlange gehorchen muß. Oder es ſei darauf hingewiesen, wie es 
die Bauart der modernen Häuſer möglich gemacht hat, daß ein etwa aus- 
kommender Brand kaum jemals noch von einem Haus auf das andere, 
ja, kaum noch von einer Wohnung in die andre oder von einem Zimmer 
ins andre übergreift, während früher zu ungezählten Malen ganze Städte, 
Stadtteile, Ortschaften ein Raub der wütenden Flammen wurden. Wohl 
kommen auch heute noch hier und da derartige Katastrophen vor, aber kaum 
jemals in menſchlichen Anſiedelungen, die in der Bauart etwa der letzten 
hundert Jahre gebaut worden ſind, und in jedem Fall sind sie verſchwindend 
selten geworden im Vergleich mit der Brandchronik früherer Jahrhunderte. 
Oder man denke daran, wie in den lezten 150 und ganz besonders in den 
letzten 30 Jahren der Menſch es verstanden hat, den großen, völkermordenden 
und länderverwüſtenden Epidemien ihren Giftzahn auszubrechen: die 
Beulenpest, die Pocken, die Cholera ſind heut im wesentlichen als über- 
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