Prakt. Met. Sonderband 52 (2018) 115
In-situ Untersuchung von Austenitkornwachstumsprozessen in
Stählen mittels Hochtemperatur Laser-Scanning-Konfokal-
Mikroskop
N. Fuchs*, C. Bernhard*
* Lehrstuhl fir Eisen- und Stahimetallurgie, Montanuniversitat, Leoben, Austria
ABSTRACT
Die AustenitkorngréRe ist ein wichtiger Faktor zur Einstellung der finalen Produkteigen-
schaften in der Stahlherstellung. Die Ermittlung des Kornwachstums bei hohen Tempera-
turen erfolgt konventionell über isotherme Glühversuche mit anschließendem Abschrecken
und einer metallografischen Analyse der Korngröße. Eine Alternative zur direkten Bestim-
Todulen jst mung des Austenitkornwachstums stellt die Hochtemperatur Laser-Scanning-Konfokal-
Fe, Wurden Mikroskopie (HT-LSCM) dar, wie sie am Lehrstuhl für Eisen und Stahlmetallurgie an der
Bearbeitung Montanuniversität Leoben durchgeführt wird. Durch den auftretenden thermischen Ätzef-
wl fekt kann das Kornwachstum in-situ beobachtet und damit die Korngröße zu beliebigen
anil Zeitpunkten bestimmt werden. Der thermische Atzeffekt selbst ist dabei weitgehend unab-
intersuchen hängig vom Kohlenstoffgehalt der Legierung. In nur einem Versuch kann so das Korn-
wachstum für eine bestimmte Temperaturkurve ermittelt werden und zudem wichtige In-
formationen wie Einfluss von Legierungselementen oder Ausscheidungen abgeleitet wer-
den.
1. Einleitung
‚profile, Disser-
Austenitkorngröße bzw. Austenitkornwachstum ist einer der wichtigsten mikrostrukturellen
sonchune” Parameter in der Stahlherstellung und Weiterverarbeitung. Durch die primére Austenit-
korngröße wird eine Vielzahl an Eigenschaften des Endprodukts bestimmt. Dazu gehören
oir die ett Festigkeit, Kriechbeständigkeit, Ermüdungsverhalten sowie elektrische und magnetische
; Eigenschaften. Die Untersuchung des Kornwachstums ist daher seit langem Mittelpunkt
von zahlreichen Forschungsarbeiten. [1]
ea. Las Die Methoden zur Beobachtung von Austenitkornwachstum lassen sich prinzipiell in zwei
Gruppen einteilen: die indirekte und direkte Beobachtung. [2] Die Methode der indirekten
1. Silke Kraft Beobachtung umfasst dabei mehrere Arbeitsschritte. Die Proben werden zuerst auf eine
festgelegte Temperatur erhitzt und über einen definierten Zeitraum austenitisiert, danach
folgt eine rasche Abkühlung durch Wasser oder He-Gas. Um anschließend die primäre
Austenitkorngröße bei Raumtemperatur sichtbar zu machen, werden die Proben poliert
und chemisch geätzt. Die Korngröße kann dann metallografisch ermittelt werden. [3] Bei
Verwendung der konventionellen, indirekten Methode ergeben sich jedoch gewisse Ein-
schränkungen. Zum einen erfordert die Aufnahme eines gesamten Kornwachstumverlaufs
eine Vielzahl an Versuchen und stellt somit einen großen zeitlichen Aufwand dar. Die dar-
aus ableitbaren Informationen hinsichtlich Korngrößenentwicklung und Kornwachstumski-
netik sind dennoch limitiert. Zum anderen stellt das chemische Ätzen der primären Auste-
nitkorngrenzen besonders in niedrigkohligen Stählen eine Herausforderung dar oder ist
gänzlich unmöglich.