zum religiölen Bildinhalt der romanilchen
Bauplaltik vom Großmünlter in zürich
Das Großmünster in Zürich, eines der bedeutendsten lombardisch-
deutschen Baudenkmale, besitzt in setnem Kreuzgang und am Nord—
portal, im Kircheninneuraum und an der Westfassade ein überaus rei—
ches Skulpturenwerk. Auf die bau- und kunstgeschichtlichen Fragen
wird in vorliegender ikonographischen Studie nicht näher eingegangen;
alle diesbezüglichen Angaben sind entnommen den „Mitteilungen der
antiquarischen Gesellschaft in Zürich““, Band XXXII, Heft 1 (1937),
„Das Großmünster in Zürich, J. Die romanische Kirche“, von
Hans Wiesmann, und Heft 2 (1988): 11. „Der Kreuzgang“, von Dr.
Hans Hoffmann. Bei der Besprechung der Bildwerke wird der heu—
tigen Aufstellung gefolgt. An der Zuverlässigkeit der bei der Wieder—
herstellung des Kreuzgangs den Originalen nachgebildeten Darstellun—
gen ist kein Zweifel mehr nach den gründlichen Untersuchungen Dr.
Hoffmanns, dem ich für seine fördernde Beihilfe zu meiner Arbeit zu
größtem Dank verpflichtet bin.
Mit „Schottentor“ verweise ich auf mein Buch: „Das Schotten-—
hoer, kulturgeschichtliche Auslegung des Portalbildwerkes der St.
Jakobskirche in Regensburg“, Augsburg, 1027, dessen alphäbetisches
Sachregister (S. 60) mich vieler Hinweife enthebt. „Chur“ bezeichnet
meine Veröffentlichung: „Der Bildinhalt der Domplastik
in Chur“ im Anzeiger für schweizerische Altertumskunde, Zürich,
1934/5; neben den Seitenzahlen füge ich in Klammern die des vom
Domkapitel in Chur besorgten Sonderabdruckes bei. Meine Bearbei—
tungen des Bildinhaltes der romanischen Bauplastik an der Westseite
von St. Stephan in Wien und an der Pfarrkirche von Schöngrabern
N.Oe.) erschienen 19838 in dieser Zeitschrift, 2. und 5. Heft.
i.Der Kreuzgang
Die Kreuzgangflügel werden ohne genauere Richtungsangabe ein—
fach nach den Himmelsgegenden Norden, Westen und so weiter be—
nannt. Die Bildwerke zeigen die gegen 1200 deutlich werdende Lösung
von der strengen Gebundenheit der romanischen Gesinnung, die Bild—
gedanken werden nicht mehr nur angedeutet, sondern dargestellt, künst—
lerische Form wird angestrebt. Die Untersuchung der Bilderfolge er—
gibt, daß hier von einem in das Einzelne gehenden Plan nicht die Rede
sein kann; der Bildhauer hat nur den Sinn der Himmelsrichtungen zu
beachten, im Auswählen seiner Vorlagen, Erinnerungen und neuen
Einfälle ist er frei.
Auffällt, daß Nord- und Ostflügel ärmer an gier sind als die zwei
anderen Flügel; eine Begründung für diese Erscheinung ist nicht nach—
weisbar. Die Kämpferflächen des Noröoͤflügels sind leer, die des Ost⸗
flügels tragen nur Pflanzenornament. Im Südgang mehren sich die
Bilder aus der Tier⸗ und Menschenwelt, gegen Westen hin dämonische
Erscheinungen. Süden ist die Gegend des diesseitigen Lebens, paradie—
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