Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

  
  
  
  
  
  
98 Unipolare Induktionswirkungen. Kap. VII. 
können, so geschieht dies. Man sagt dann, die Induktionsrolle sei 
im Zustande unvollkommener Schliessung, welcher den Ueber- 
gang bildet zu dem der ganz ungeschlossenen Spirale. 
Aber es bedarf auch gar nicht der Ableitung zur Erde, um die 
Erscheinungen der unipolaren Induktionswirkungen zu zeigen. Es ge- 
nügt vielmehr zu diesem Zwecke, wenn das eine Ende der offenen 
oder unvollkommen geschlossenen Spirale mit einem isolirten Leiter 
von grosser Oberfläche in leitender Verbindung steht. In diesem Falle 
strömt die freie Elektrizität nach dem Leiter, wo sie wegen der 
grossen Oberfläche ja nur eine geringe Dichte erlangt. Ist nun zwischen 
dem Ende der Spirale und dem Leiter ein Nerv eingeschaltet, so kann 
dieser erregt werden. 
Dieser letztere Fall der unipolaren Induktion kommt häufig bei 
physiologischen Versuchen vor und kann dann zu Täuschungen Ver- 
anlassung geben. Leitet man z. B. einen Induktionsstrom durch einen 
Nerven, welcher an einem Ende mit dem tierischen Körper in Ver- 
bindung steht, wie dies ja bei Vivisektionen meist der Fall ist, so 
bildet das zwischen den Elektroden befindliche Nervenstück wegen 
seines beträchtlichen Widerstandes die unvollkommene Schliessung und 
das ganze Tier den Leiter von grosser Oberfläche. Auf diesen geht 
daher ein Teil der freien Elektrizität über, und wenn auf dem Wege 
dahin ein Nerv erregt wird, so kann der Effekt dieser Erregung leicht 
fälschlich für den gesuchten Effekt des unmittelbar erregten Nerven 
genommen werden. Noch viel grösser wird natürlich die Gefahr einer 
solchen Täuschung, wenn das Tier gar nicht isolirt ist. 
Will man in physiologischen Versuchen von den unipolaren Wir- 
kungen nicht getäuscht werden, so ist es auch nötig, den zu reizenden 
Nerven vor der unzeitigen Erregung auf unipolarem Wege sicher zu 
stellen. Wollte man z. B. zwei Drähte an den Nerven legen, den 
einen direkt mit dem einen Pole der Induktionsspirale verbinden, den 
anderen aber durch einen Schlüssel oder ein Quecksilbernäpfchen unter- 
brechen, so würde der Nerv stets unipolarer Erregung ausgesetzt sein. 
Man verbindet daher die Pole der Induktionsspirale mit den beiden 
Klemmen des in $ 43 beschriebenen Schlüssels, und führt von diesem 
dann zwei Drähte zum Nerven. So lange der Schlüssel geschlossen 
ist, bildet er eine sehr gut leitende Nebenschliessung zum Nerven, 
und es geht keine Spur der Induktionsströme durch den letzteren. 
Definet man aber den Schlüssel, dann ist die Verbindung des Nerven 
mit den Polen der Induktionsspirale hergestellt, und die Erregung beginnt. 
Schwieriger ist es, während der Reizung des Nerven selbst die 
     
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
   
    
  
     
  
  
  
  
  
  
  
  
    
    
  
  
  
  
   
 
	        
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