Kapitel XI.
Von den Thermoströmen und der elektrischen
Teınperaturbestimmung.
$ 72. Unter den vielen Quellen der Elektrizitäts-Entwickelung
verdient noch eine unsere Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen,
wegen der wichtigen Anwendung, welche sie für physiologische und
klinische Zwecke gestattet. Es ist dies die Elektrizitätsentwickelung,
welche in einem aus zwei Metallen gebildeten Kreis stattfindet, wenn
die beiden Grenzen, in welchen die Metalle zusammenstossen, ungleiche
Temperatur haben.
Lötet man an einen Wismuthstab einen zweimal rechtwinklig
gebogenen Bügel von Kupferblech, stellt in das so geformte Viereck
eine auf einer Spitze drehbare Magnetnadel und bringt das Viereck
in den magnetischen Meridian, so dass die Nadel sich gerade in dem
Bügel befindet, erhitzt sodann eine der beiden Lötstellen, in welchen
Kupfer und Wismuth zusammenstossen, so bemerkt man eine Ablenkung
der Magnetnadel, welche so lange anhält, als die beiden Lötstellen
ungleiche Temperatur haben. Diese Abweichung der Magnetnadel
zeigt, dass in dem aus Wismuth und Kupfer gebildeten Kreise ein
Strom zirkulirt, und aus der Richtung der Ablenkung erkennen wir,
dass dieser Strom in der erwärmten Lötstelle vom Wismuth zum
Kupfer fliesst.
Erkälten wir, nachdem die Nadel zur Ruhe gekommen, eine der
beiden Lötstellen, so wird die Nadel abermals abgelenkt und zeigt
jetzt einen Strom an, welcher in der erkälteten Lötstelle vom Kupfer
zum Wismuth gerichtet ist.
Ebenso wie mit Wismuth und Kupfer gelingt dieser Versuch auch
mit anderen Metallen, ja bei Anwendung des Antimons statt des
Kupfers sind die Wirkungen sogar noch stärker.