Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

  
  
  
  
  
280 Verhalten der Muskeln gegen den galvanischen Strom. Kap. XV. 
$ 112. Hinsichtlich der Reaktionen der quergestreiften Mus- 
kulatur auf den elektrischen Reiz ist im Wesentlichen auf das im 
vorigen Abschnitt Gesagte zu verweisen. In keiner Weise lassen sich 
bei der Elektrisation der Muskeln die Einwirkungen auf die grösseren 
und kleineren bis kleinsten durch das Gewebe verteilten Nervenäste 
vermeiden. Und so findet man denn in der Tat die Reaktionen des 
unversehrten, mit seinem Nerven in ununterbrochenem Zusammen- 
hange stehenden Muskels im Wesentlichen gleich denen, welche man 
durch extramuskuläre Reizung des Nerven erzielt. Bestimmte, später 
bei der Besprechung pathologischer Verhältnisse noch mehr hervor- 
zuhebende Modifikationen in der Erregbarkeit der Muskeln scheinen 
dafür zu sprechen, dass vom Nerveneinfluss ganz und gar unabhängige 
resp. losgelöste Muskelsubstanz auf schnell sich in ihrer Intensität 
ändernde elektrische Reize nicht mehr reagirt, sondern nur mehr auf 
verlangsamte Reize (z. B. den galvanischen Strom, sofern er nicht‘ 
von zu kurzer Dauer ist) mit’ eigentümlichen, von den normalen Kon- 
traktionen abweichenden Zuckungen antwortet. : 
In neuester Zeit von Jolly®! in Strassburg angestellte Versuche 
(übrigens hatte auch Erb‘? schon bei direkter galvanischer Reizung 
gesunder Muskeln die KaSz im deutlichen Gegensatz zum Verhalten 
des normalen motorischen Nerven kaum bedeutender als die ASz ge- 
funden) ergaben, dass bei direkter Muskelreizung die ASz gleich stark, 
einigemal sogar kräftiger ausfiel als die KaSz. Er erklärt das so, 
dass der von der Anode aus in den Muskel eintretende Strom im 
breiteren Muskelgewebe eine Reihe „virtueller“ Kathoden erzeuge, 
von denen (als den stärkeren Reizmomenten) die Zuckung abhänge. 
Ja, es sei sogar auffallend, dass sich die gewöhnliche Formel so oft 
nachweisen lasse. Höchst beachtenswert ist ferner folgender Aus- 
spruch desselben Autors, auf den wir weiter unten zurückkommen 
werden, dass bei der Muskelprüfung mittels des galvanischen Stromes 
ein Abweichen von der gewöhnlichen Formel fernerhin nicht mehr 
ohne Weiteres als Beweis für eine bestehende Entartungsreaktion 
anzusehen sei, sondern dass nur die übrigen Merkmale, insbesondere 
die Trägheit der Zuckung, als charakteristisches Moment zu be- 
trachten sei. 
Hält man sich bei der Prüfung der direkten galvanischen 
Muskelerregbarkeit von dem in einen Muskel eintretenden motorischen 
Nerven fern genug, als dass bedeutendere Stromschleifen bis zu ihm 
hingelangen, so kann man Oeffnungszuckungen und ganz besonders 
Kathodenöffnungszuckungen nur sehr schwer auslösen: ein Verhalten,
	        
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