Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

   
  
  
  
  
288 Qualitat. Erregbarkeitsveränderungen. Verhalten d. Muskeln. Kap. XVI. 
von übersehenen und vernachlässigten Stromschleifen nicht die Rede 
sein kann. 
$ 116. Derartige Vorkommnisse von Differenz in den Reaktions- 
erscheinungen gegen elektrische Reize, welche bei degenerirten oder 
regenerirten Nerven bis jetzt als Ausnahmen zu betrachten sind, 
werden aber die Regel für den Ablauf der Erregbarkeitsver- 
hältnisse des gelähmten Muskels. 
Gleichwie beim Nerven kann man auch innerhalb der ersten 
zwei Tage nach dem Eintritt der schweren Lähmung eine geringe, 
kurze Zeit andauernde Steigerung der Erregbarkeit der Muskeln beob- 
achten. Bald sinkt dieselbe aber bedeutend und ist für den fara- 
dischen Strom meist schon am Ende der ersten, sicher der zweiten 
Woche, vernichtet. (Dass der entblösste, direkt gereizte Muskel 
noch nach langer Zeit bündelweise Kontraktionen bei direkter Reizung 
zeigen kann, ist für den Arzt von keiner praktischen Wichtigkeit.) 
Erst mit der Wiederkehr der aktiven Beweglichkeit stellt sich auch 
die faradische Erregbarkeit wieder her: sie bleibt aber meist unter 
der Norm, welche sie, wenn überhaupt, erst sehr spät erreicht. 
Auch die galvanische Erregbarkeit des Muskels kann 
innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Auftreten einer schweren 
Nervenläsion sich leicht erhöht zeigen, sehr bald aber sinkt sie be- 
deutend. Besonders gelingt es immer schwerer, Maximalzuckungen 
und damit wirkliche Bewegungen der Glieder hervorzurufen, während 
die Differenz in den Minimalzuckungen zwar auch meist vorhanden 
ist, indess weniger leicht zu Tage tritt. Etwa mit dem Ende der 
zweiten Woche fängt aber die gesunkene Erregbarkeit wieder 
an sich zu heben und zwar bald so bedeutend, dass jetzt nicht 
allein bei derselben Stromstärke, wie auf der gesunden Seite, sondern 
schon bei bedeutend geringerer sich deutlich sichtbare Kontraktionen 
erzielen lassen. Dabei tritt die Minimalzuckung überraschend früh 
ein und die stärkeren Zuckungen gehen leicht in tetanische Kontrak- 
tionen über. Wochenlang, ja oft noch nach der Wiederkehr der 
aktiven Beweglichkeit bleibt diese „Uebererregbarkeit“ bestehen: 
dabei haben aber die Zuckungen auch ihre äussere Erscheinungs- 
form geändert: sie erfolgen nicht mehr schnell, prompt, blitzartig, 
sondern verlaufen träge und langsam. Ausserdem ändern sich nun 
auch einige Verhältnisse in der Art und Weise des früheren oder 
gleichzeitigen Auftretens einzelner Zuckungen bei Schliessung oder 
Definung des Stromes, abweichend von der normalen Zuckungsformel. 
     
    
  
  
  
  
  
   
   
     
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
    
    
  
  
  
  
  
    
	        
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