8.125. Galvanische Reaktionen bei Erkrankungen des Gehörapparates. 309
$ 125. Wir werden alsbald bei Besprechung derjenigen Verän-
derungen, welche die normale Akustikusreaktion bei Erkran-
kungen des @ehörapparats erleidet, auf diese Verhältnisse zurück-
kommen. Auch hier war es zuerst Brenner, dem wir nähere An-
gaben über die elektrischen Reaktionen des N. acusticus bei
Erkrankungen des ÖOhres verdanken.
Bei Verstopfungen des äusseren Gehörgangs durch verhärtete
Ohrenschmalzpfröpfe, bei angeborener Atresie des äusseren Gehörgangs
ist es oft unmöglich, den Acusticus zu erregen: sind die Hindernisse
der schlechten Leitung beseitigt, so reagirt der Hörnerv oft sofort in
normaler Weise, ja er zeigt sich nicht selten insofern über- resp.
sehr leicht erregbar, als abnorm geringe Stromstärken genügen, eine
Klangsensation hervorzurufen. (Das Gleiche wurde beobachtet, wenn
eine operative Durchbohrung des Trommelfells vorgenommen war.)
Eine zweite abnorme, bei vielen durch die verschiedenartigsten
pathologischen Prozesse schwerhörig gewordenen Personen (akute,
chronische Mittelohrkatarrhe, Labyrinthleiden, Traumen etc.) zu beob-
achtende Erscheinung ist die der Hyperästhesie des Hörnerven,
der auf geringere Reize intensiver als normal reagirt (Andauer der
Reaktion bei KaD, verlängerte AO-reaktion, erhöhte und verlängerte
sekundäre und tertiäre Erregbarkeit (vgl. S. 276), ungemein deut-
liche Ausprägung der Klangfarbe der gehörten Töne).
Nach Brenner wäre der durch mannigfache Erkrankungen der
schallleitenden Apparate von dem ihm adäquaten Reize (Schall-
schwingungen) für längere Zeit ausgeschlossene Gehörnerv in einen
eigentümlichen Zustand des „Reizhungers“ gerathen, der aber erst bei
lange bestehenden Anomalien in den Schall leitenden Apparaten zu
einer wirklichen Erkrankung des N. acustieus führt. (Dieser Zustand
einfacher Hyperästhesie kann auch mit subjektiven Gehörsstörungen,
ferner mit zentral oder wenigstens intrakraniell bedingten lähmungs-
artigen Zuständen der Augenmuskeln verbunden sein.) Diese eben
geschilderte einfache Hyperästhesie kommt nun auch zusam-
men mit qualitativer Veränderung der Formel (neben der
Normalreaktion noch das Auftreten einer Gehörsempfindung bei AS
und AD, seltener bei KaO) oder mit Umänderung der Formel
(keine Reaktion bei KaS und KaD, wohl aber bei AS, AD und KaO)
zusammen zur Beobachtung. Endlich findet man auch nicht eben
selten die Hyperästhesie des Hörnerven mit paradoxer Reak-
tion des nicht armirten Öhres: es reagirt bei Armirung auch
nur eines Ohres nicht nur der N. acust. dieses, sondern auch des