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8131, 182. Elektromuskuläre Sensibilität. 321
(gleich der anfänglichen Anämie); wo die subkutanen Lagen organischer
Muskeln in grösseren Qantitäten, wie z. B. am Hodensack, vertreten
sind, kann man natürlich diese Kontraktionszustände der Haut am
deutlichsten hervorrufen.
Endlich wäre noch der chemischen (elektrolytischen) Einwir-
kung des galvanischen (konstanten) Stroms zu gedenken, die sich an
den Ansatzstellen der Pole in der Haut herausstellen können. Früher,
als man sich durchgehends viel stärkerer Ströme als in der Gegen-
wart bediente und die Elektroden lange Zeit auf denselben Haut-
stellen stehen liess, kamen wirkliche Anätzungen der Haut häufiger
zur Beobachtung, als es wohl heutzutage der Fall ist. Aus dem Blut-
serum schieden sich am positiven Pol die negativ elektrischen Bestand-
teile (Sauerstoff, Säuren ete.), am negativen Pol die positiv elektri-
schen Bestandteile (Wasserstoff, Alkalien) aus und bewirkten so oft
nicht unbedeutende Aetzungen der an sich physiologisch schon in
einen hyperämischen Zustand versetzten Haut, Aetzungen, welche oft
(namentlich am negativen Pole) längere Zeit zu ihrer Heilung bedurf-
ten. Durch Vermeidung übermässiger Stromstärken, durch eventuelles
mässiges Verrücken der Elektroden, besonders aber durch die Anwen-
dung der von Hitzig'??T zuerst, dann von v. Ziemssen '!?® eingeführ-
ten, aus dem physiologischen Armamentarium herübergenommenen un-
polarisirbaren Elektroden sind diese Uebelstände- jetzt wohl durchaus
zu vermeiden.
Schliesslich verdient noch hervorgehoben zu werden, dass ein
etwas stärkerer galvanischer Strom bei seinem Durchtritt durch die
Haut dieselbe erwärmt, wie noch erst neuerdings wieder durch
Gärtner’s*%2 Untersuchungen nachgewiesen worden ist.
$ 132. Eingangs dieses Abschnittes haben wir in Kürze der-
jenigen Erscheinungen gedacht, welche mittelst der Elektrizität an
den sensiblen Nerven auch der tiefer gelegenen Teile, so beson-
ders der Muskeln hervorgerufen werden können. Bei der durch den
elektrischen Reiz hervorgerufenen Kontraktion eines Muskels empfindet
man ein von der oben besprochenen elektrokutanen Sensibilität durch-
aus unabhängiges eigentümliches Gefühl, auf welches Duchenne°
zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt und welches er mit dem Namen
der Sensibilit& @lectro-musculaire belegt hat. Diese Empfin-
dung kann bestehen, auch wenn durch eine Erkrankung (z. B. bei
Hysterischen) die Empfindlichheit der Haut verloren gegangen ist,
oder wenn (wie dies Duchenne gezeigt hat) die Muskeln zufällig
Rosenthal u. Bernhardt, Elektrizitätslehre. III. Aufl. 91