E: Behandl.v. Gehirn-u. Rückenmarkskrankh. m.d. farad. Strom. Kap. XIX.
$ 143. Bei denjenigen Lähmungszuständen (meist Hemiplegien),
welche durch cerebrale Affektionen herbeigeführt worden sind, kann
| der Induktionsstrom in ähnlicher Weise, wie bei den eben besproche-
| nen Leiden zur Belebung und Hebung der Ernährung der gelähmten,
| vom Willen oft für lange Zeit nicht zu beeinflussenden Muskulatur in
Anwendung gezogen werden.
In wie weit die Applikation des faradischen Stromes an den Kopf
für die Behandlung intracranieller, auf pathologisch-anatomisch nach-
weisbaren Veränderungen der Hirnsubstanz beruhender Läsionen nutz-
bringende Verwendung findet, ist zur Zeit noch nicht genügend fest-
gestellt. Zwar wissen wir, dass auch bei Applikation induzirter
Ströme an den Kopf Stromschleifen in die Tiefe dringen und dass
| man, speziell nach Löwenfeld’s'*® Versuchen, die Zirkulationsvor-
| gänge im Innern der Schädelhöhle durch sie zu beeinflussen im Stande
| ist. Immerhin sind wirkliche therapeutische Erfolge mit dieser Methode
nicht sowohl bei den auf materiellen Störungen beruhenden, sondern
eher bei sogenannten funktionellen Leiden des Hirns berichtet, insofern
Erschöpfungszustände, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit bei blut-
armen und schwächlichen Personen durch schwache Induktionsströme
(am Schädel, bezw. die „elektrische Hand“) mit Erfolg behandelt
| werden können. Neben einigen direkten Wirkungen können bei der
| Benutzung der faradischen Ströme für die Behandlung von Hirnkrank-
| heiten diejenigen Einwirkungen benutzt werden (und sind bezw. mit
Erfolg von Vulpian!, Rumpf!“ u. A. z. B. verwertet worden),
| welche durch die Reizung sensibler Nerven einer Körperhälfte reflek-
| torisch auf die Gefässfüllung der kontralateralen Hirnhälfte ausgeübt
werden, also die Schaffung von Zuständen, welche man für die Auf-
saugung und Fortschaffung schädlicher Produkte für vorteilhaft zu er-
achten berechtigt ist.
Ebenso wenig wie auf intracraniell gelegene Krankheitsherde wirkt
im Allgemeinen wenigstens der Induktionsstrom direkt auf die erkrank-
ten Partien des Rückenmarks ein. Nach Brenner und Löwenfeld
gelingt es zwar, wie wir oben gesehen haben, auch durch indirekte,
auf die unteren Partien der Wirbelsäule applizirte Ströme exzentrische
Empfindungen in den unteren Extremitäten hervorzurufen, doch wird
von dieser Applikation therapeutisch kaum ausgiebiger Gebrauch ge-
macht. Indessen bezweifeln doch manche Autoren und unter ihnen
wieder besonders Löwenfeld!’* nicht, dass bei Faradisation längs
der Wirbelsäule das Rückenmark von genügend starken Stromschleifen
getroffen werden könne und dass man selbst bei den nur geringen
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