$ 144, 145. Behandlung v. Anaesthesien mittelst d. farad. Pinsels. 347
zeugen. — Hierher gehören die im Ganzen noch zweifelhaften Erfolge
(vgl. später), welche bei perkutaner Faradisation der Gallenblase,
der Milz, der Nieren erreicht werden: eine Beförderung der Diurese
bei Aseites durch kräftige Faradisation der Bauchmuskeln ist wohl
zum grossen Teil auf die direkte Erregung dieser letzteren zurückzu-
führen.
Neben den Eingeweiden des Bauches sind es noch die tiefer im
Becken gelegenen Organe: die Harnblase, der Uterus, die der direkten
wie indirekten Faradisation durch die Bauchdecken hindurch ausgesetzt
werden können: in dem der speziellen Elektrotherapie gewidmeten
Abschnitt wird das Notwendige hierüber angegeben werden.
$ 145. Schon Eingangs dieses ganzen Abschnitts wurde der unge-
meinen Brauchbarkeit des faradischen Stromes zu einer ener-
gischen Einwirkung auf die sensiblen Nerven der Haut mittelst
des sogenannten faradischen Pinsels Erwähnung getan. Die Erregung
kann durch mässiges Andrücken des Pinsels für kürzere oder längere Zeit
an beliebige Hautstellen (Geissel), oder dadurch, dass man von einer
mässigen Entfernung her Funken überspringen lässt (Moxe), natürlich
auch mit der beliebig abzustufenden Stärke des Stromes selbst,
schwach oder bis zur äussersten Schmerzerregung ausgeführt werden.
Peripherische und zentrale Anästhesien der Haut werden auf diese
Weise behandelt und durch die ungemein intensive Erregung des per-
zipirenden Zentralorgans geheilt. Dies gelingt nicht nur häufig bei
den sogenannten hysterischen Anästhesien, sondern auch bei solchen,
die auf eine palpable Hirnläsion zurückzuführen sind. So konnte
Vulpian!’3 bei einem halbseitig gelähmten und anästhetischen Indi-
viduum (bei dem eine Zerstörung des hinteren Teils der inneren
Kapsel zu vermuten war) durch energische Reizung des unempfind-
lichen Vorderarms und der Hand nach einigen Minuten die Empfind-
lichkeit wenigstens für gröbere Reize zurückführen, nicht allein an
der gereizten Stelle, sondern überall an der gelähmten Körper-
hälfte. Nach sieben Tagen nahm die zurückgekehrte Sensibilität
wieder ab, um nach erneuter Applikation des elektrischen Reizes
wiederzukommen. Hochinteressant war nun das Faktum, dass bei dem-
selben Kranken, der aphasisch war, auch das Sprechen artikulirter
und das Wort- und Sachgedächtniss präziser geworden war. Aehn-
liches (in Bezug auf die Rückkehr der Sensibilität) gelang auch bei
Tabischen; auch eine Verminderung der „Verspätung der Empfindungs-
leitung“ wurde bei letzteren Kranken beobachtet, Nach Vulpian