Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

348 Nutzen d. faradischen Stroms b. asphyktischen Zuständen. Kap. XIX. 
gelingt die Prozedur nur bei Anästhesien in Folge von Erkrankung 
zentraler Nervenprovinzen. Die teilweise noch als leitungsfähig 
übrig gebliebenen Fasern führen den starken Reiz zum Zentrum hin: 
hier erregen sie die durch den Krankheitsgrad zwar nicht ganz zer- 
störten aber in ihrer Funktion beeinträchtigten Gebilde und reissen 
sie gleichsam durch die übermächtige Erschütterung aus ihrer tempo- 
rären Betäubung. Ein dem Vulpian’schen ähnlicher Fall ist 1876 
von Grasset!"? veröffentlicht worden: auch ihm gelang es nach kurzer 
Faradisation des rechten anfangs unempfindlichen Vorderarms (es han- 
delte sich um eine rechtsseitige Hemiplegie und Hemianästhesie mit 
Beteiligung der Sinnesorgane dieser Seite) die Sensibilität und die 
Funktion der Sinne zu heben und nach Wiederholungen des Verfahrens 
eine dauernde Besserung herbeizuführen. 
Im Anschluss hieran seien die mächtigen Wirkungen hervorgehoben, 
welche die mit dem faradischen Pinsel ausgeübte Reizung besonders 
empfindlicher Hautstellen (Brustwarzen, Hals, Gesicht etc.) in Bezug 
auf die Wiederherstellung normaler Atmung in verschiedenen 
Zuständen von Asphyxie, Scheintod etc. leisten kann. Bei Asphyxia 
neonatorum, bei Gasvergiftungen, bei den lethargischen Zuständen 
Hysterischer kann hierbei teils reflektorisch durch die Reizung sensibler 
Hautnerven oder durch direkte Reizung der Nn. phrenieci am Halse 
die stockende oder aufgehobene Atmungstätigkeit wieder angeregt 
werden. Bei letzterer Prozedur setzt man die Elektroden am Halse 
an (an beiden Seiten des Halses, am äusseren Rande des M. sternoel. 
vor dem Scalen. anticus; von aussen nach innen kräftig einzu- 
drücken). Nach v. Ziemssen sind ziemlich kräftige Ströme (die 
Daumenballenmuskeln sollen sich kräftig kontrahiren) und nicht zu 
kleine Elektroden anzuwenden: es ist eine Miterregung anderer, die 
Inspiration fördernder Muskeln (cucullaris, scaleni, pectorales, serrati, 
rhomboidei) nicht nur nicht ängstlich zu vermeiden, sondern im Gegen- 
teil eher zu erstreben. Kopf, Schulter, Oberarme seien fixirt; die 
Dauer der einzelnen Reizung betrage 1—2 Sekunden, die Exspiration 
werde durch den kräftigen Druck, den ein Assistent auf die Bauch- 
wand von den Seiten her und von unten:nach oben zu ausübt, unter- 
stützt. Nach einer gewissen Zeit pausire man, um zu sehen, ob die 
Atmung von jetzt ab sich selbstständig wiederherstellt; es ist viel- 
leicht gut, darauf aufmerksam zu machen, dass oft Stunden verfliessen, 
ehe man dieselbe so weit in Gang gebracht hat, dass die künst- 
liche Reizung in Wegfall kommen kann. 
Eine in neuester Zeit von Emminghaus** mitgetejlte Beobach- 
     
    
    
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
     
     
  
   
   
    
   
   
   
    
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