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& 157, 158. Bulbärparalyse; deren Behandlung. 319
Verbreitet sich schliesslich in ganz seltenen Fällen (wie es neuer-
dings einigemale?!? beschrieben ist) die sekundäre absteigende Degene-
ration der Pyramidenseitenstrangbahnen im Querschnitt des Rücken-
marks auf die grauen Vordersäulen, so kann es auch an den Nerven
und Muskeln der Extremitäten zu wirklichen jetzt von der Rücken-
marksläsion abhängigen Atrophien und ‘den pathologischen elektrischen
Reaktionen kommen.
Beide Behandlungsmethoden, die sogenannte zentrale (mit dem
sgalvanischen Strom) und die peripherische (mit beiden Stromesarten,
vorwiegend mit dem faradischen), können, wie schon erwähnt, zweck-
entsprechend kombinirt werden. Nach etwa 8—12 wöchentlicher und
pro Woche 3-4 mal angewandter derartiger Behandlung wird oft viel
erreicht: sieht man nach dieser Zeit keinen weiteren Vorteil aus der
elektrischen Behandlung für den Patienten erwachsen, so stehe man
weiterhin davon ab oder mache wenigstens eine mehrmonatliche Pause
bevor man aufs Neue beginnt.
$ 158. Zu denjenigen Gehirnkrankheiten, welche sich für die
elektrotherapeutische Behandlung am meisten eignen, insofern von den
zuverlässigsten Autoren Besserung des Leidens, temporärer Stillstand
desselben, ja in einzelnen vielleicht hierher gehörigen Fällen sogar
Heilung beobachtet worden ist, gehört die von Duchenne-Wachs-
muth zuerst beschriebene chronische Nervenkernerkrankung in
der Med obl.: die Paralysie labio-glosso-laryng6e oder die
Bulbärparalyse. Man setze beide Elektroden eines mässig starken
konstanten Stroms (2—6 M. A.) an die Proc. mastoidei und lasse unter
Benutzung des Rheostaten den Strom 1-2 Minuten erst in der einen,
sodann in der anderen Richtung durchgehen: man kann die Galvani-
sation des Hals- und Brustmarks bezw. die des Sympathikus folgen
lassen. Besonderer Wert wird von Einigen auf die Auslösung von
Schlingbewegungen gelegt, die man bei Applikation der Anode in den
Nacken, der Kathode vorn am Kehlkopf durch Schliessen des Stromes,
noch kräftiger durch Wendungen desselben auslöst.
Daneben kann man durch schwache Faradisation die paretischen
und atrophischen Muskeln des Gesichts, der Zunge, des Gaumens, des
Schlundes zu kräftigen versuchen: die elektrische Erregbarkeit der be-
treffenden Gebiete bleibt lange Zeit qualitativ unverändert und ver-
ändert sich nur entsprechend der allmählich eintretenden Atrophie der
Zungen- und Gesichtsmuskulatur; neuerdings ist das Vorkommen der
Entartungsreaktion im Bereiche der atrophirenden Muskulatur bei