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$ 166. Behandlung der Tabes. 393
Brust). — Neben einer peripherischen Galvanisation (Kathode
labil an den Nerven und Muskeln, Anode an der Wirbelsäule) wird
von manchen Seiten noch die faradische Erregung der schlaffen
Muskulatur als kräftigend empfohlen. Wenn auch nicht Heilungen, so
kommen doch durch diese, über Monate hinaus fortzusetzende Behandlung
jedenfalls in nicht wenigen Fällen erhebliche Besserungen zu Stande.
Die oft so bedeutenden Störungen der Blasen- und Mast-
darmtätigkeit der Tabiker werden ebenfalls durch den konstan-
ten Strom zu bekämpfen versucht: dabei ruht, wenn es sich um ein
Leiden der Blase handelt, die eine Elektrode (die Anode) am untersten
Brust- oder dem Lendenteil der Wirbelsäule, die Kathode über der
Symphyse entweder, oder am Damm. Die intraurethrale oder besser
intravesikale Behandlung gehört aus leicht begreiflichen Gründen zu
den für den Kranken weniger angenehmen resp. sogar nachteiligen
Prozeduren. Bei Schwäche der Sphinkteren des Mastdarms
kann man eine Mastdarmelektrode (Kathode) direkt in den Mast-
darm einführen, während die andere an dem oben angegebenen
Punkt am Rücken oder am Damm ruht. Nach einer faradischen
Pinselung der Haut der Füsse und der Unterextremitäten. über-
haupt verlieren die Kranken häufig das ihnen so unangenehme
Kältegefühl, auch kann die Sensibilität der Haut selbst wenigstens
temporär gebessert werden. Bekanntlich hat besonders Rum pf??®
in neuerer Zeit auf den wohltätigen Einfluss faradokutaner
Pinselung bei Tabes aufmerksam gemacht und ganz ausgezeichnete
Erfolge durch diese Behandlungsmethode erzielt; dieselbe war ım
Stande, die oft so quälenden Schmerzen erheblich zu lindern, die Sen-
sibilität zu erhöhen und allmählich die Myose und die Starre der
Pupillen zum Schwinden zu bringen (am negativen Pol des Induktions-
stroms wird der Metallpinsel befestigt und der Rücken sowie die Ex-
tremitäten des Kranken zweimal bis zur Rötung bepinselt. Die Dauer
der Applikation betrug 10 Minuten: die Stromstärke wurde so gewählt,
dass die Mitte zwischen der einfachen Erregung der elektrokutanen
Sensibilität und wirklichen Schmerzempfindung innegehalten wurde.
Die guten Erfolge faradokutaner Hautreizung bei Tabes werden auch
durch den jüngsten Autor auf diesem Gebiete, Löwen feld 3°, be-
stätigt. Nach ihm konnten durch Pinselung der Stellen, an welchen die
Schmerzen am stärksten wüteten, diese unterdrückt, Parästhesien vor-
übergehend beseitigt, die Empfindlichkeit im Allgemeinen verbessert, ja
die motorische Leistungsfähigkeit und dieSchwäche der Blasen- und Mast-
darmfunktion in ganz erheblicher Weise für einige Zeit gebessert werden.