Kapitel XXII.
| Von der Elektrotherapie der Krankheiten des
| peripherischen Nervensystems.
$ 168. Die Lähmungen der peripherischen Nerven sind
| in Bezug auf ihr elektrodiagnostisches Verhalten vorher S. 283. hin-
| reichend besprochen worden, so dass es an dieser Stelle genügt, das
therapeutische Verfahren allein auseinanderzusetzen. Ist es möglich,
die eigentliche Läsionsstelle des Nerven direkt unter den
Yinfluss der Elektroden zu bringen, so muss das primo loco
! geschehen. Bei den sogenannten leichten Lähmungen (aufge-
hobene Willensleitung: erhaltene, erhöhte oder auch etwas verminderte
Erregbarkeit der unterhalb der Läsionsstelle gelegenen Nervenstrecke
und der Muskeln, keine qualitativen Veränderungen) applizire man
die Kathode über der Stelle der Läsion, die Anode am Plexus oder
auch auf die gelähmten Muskeln und wende einen mässig starken kon-
stanten Strom an (5—10 M.A.): es kann sein, wovon wir uns auf
das unzweideutigste überzeugt haben, dass eine wochenlang bestehende,
bis dahin elektrisch nieht behandelte Lähmung des N. radialis z. B.
sich nach wenigen (2—3) Sitzungen von 5 —6 Minuten Dauer ganz
erheblich bessert. Freilich kommt es auch vor, dass eine leichte
peripherische Lähmung sich ohne jedes therapeutische Zutun innerhalb
weniger Wochen von selbst ausgleicht; ob sich auf diese Weise die
scheinbar günstige Wirkung der Faradisation des peripherischen unter-
halb der Läsionsstelle liegenden Nerv-Muskelgebiets erklärt, oder ob
durch ' diese Prozedur auf reflektorischem Wege durch die Reizung
sensibler Nerven bestimmte heilende Einflüsse zur Geltung kommen, sei
dahingestellt. Faktisch ist es für manche Paralysen, 2. B. die Mehrzahl
der rheumatischen oder aus anderen Ursachen entstandenen Facialis-
lähmungen überhaupt nicht möglich, mit dem Induktionsstrom
die zentralwärts von der Läsionsstelle liegende Nervenstrecke zu er-
Sr