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$ 175, 176. Neuralgien. 409
tomische Grundlage gewonnen ist, obgleich mehr als eine Tatsache
auf das Rückenmark und verlängerte Mark als den Ausgangspunkt
dieser Zustände hinweist. Wenn nun auch, wie eben bemerkt, in
Bezug auf die. Tetanie die Applikation des konstanten Stroms (in
Gestalt der Anodeneinwirkung) auf Mark und Nerven von nicht zu
unterschätzendem Erfolg gewesen, so sind die Erfolge, die der galva-
nische Strom in der Bekämpfung des Tetanus aufzuweisen "hat, nur
geringe und die Beobachtungen in der Litteratur nur spärliche. Nach
Ranke'5° (vgl. S. 330) soll durch einen das Froschrückenmark durch-
fliessenden Strom (Richtung gleichgiltig) die Reflexerregbarkeit sehr
herabgesetzt werden, eine Erfahrung, welche von Legros und Oni-
mus'5? wenigstens für absteigende Ströme bestätigt wurde: faktisch
hatte Mendel?®® bei zwei Tetanusfällen durch nicht starke stabile
Rückenmarks- und Rückenmarksnerven- (Muskel-) Ströme günstige
Resultate. Man möge also in vorkommenden Fällen den Versuch
immerhin wagen.
$ 176. Seitdem Aerzte die Elektrizität zur Behandlung von
Nervenkrankheiten in Anwendung zogen, ist dieselbe wohl bei keinem
Leiden mit mehr Erfolg verwertet worden, als bei den verschieden-
sten neuralgischen Zuständen. Was für die Bekämpfung dieser
Neuralgien der faradische, was der galvanische Strom leisten kann, ist
schon oben (vgl. S. 350 u. 355) bei der Besprechung der allgemeinen
Elektrotherapie hervorgehoben worden. Gerade hier gilt es, sich
von Einseitigkeit fern zu halten: man wird nicht selten ge-
nötigt sein, eine vorgefasste günstige Meinung für die eine
oder andere Stromesart zu ändern und nach vergeblichen
Bemühungen auf dem einen Wege durch die Wahl des anderen
sein Ziel erreichen.
Ohne also noch einmal auf die im allgemeinen Teile gegebenen
Auseinandersetzungen zurückzukommen, wenden wir uns sofort zur
Angabe der Behandlungsmethoden für die einzelnen Fälle. Am
häufigsten sind es neuralgische Zustände im Trigeminus-
gebiet, welche unser elektrotherapeutisches Einschreiten erforderlich
machen. Vorwiegend wird der galvanische Strom angewandt in der
Weise, dass unter Rheostatbenutzung (in Nebenschluss) die Anode
stabil auf die schmerzhaften Druckpunkte im Gesicht (am Supraorbital-
rand, am Infraorbitalrand, in der Kinngegend ete.) aufgesetzt wird,
während die Kathode am Nacken oder sonst wo am Körper ruht.
Man steigt langsam mit der Stromstärke an und lässt den Strom