diagnostische und elektrotherapeutische Beobachtungen an Kranken. 489
Bei der Reizung mit dem faradischen Strom erfolgen bei 7 Ctm. R.A. deut-
liche Zuckungen (vom N. tibialis aus) in der Wadenmuskulatur, desgleichen reagiren
auch, wenn auch erst bei höheren Stromstärken, die direkt gereizten Muskeln deut-
lich. Alle Kontraktionen (bei galvanischer, wie faradiseher, direkter, wie indirekter
Reizung) sind kurz und blitzartig. (Vgl. S. 284, 391.)
(Eigene Beobachtung. Bernhardt.)
40. Rechtsseitige Abducenslähmung, durch den konstanten Strom
erheblich gebessert,
Der 49jährige Arbeiter S. war 4 Wochen vor Beginn der Beobachtung vom
Gerüst gefallen und einige Stunden bewusstlos gewesen. An den Extremitäten
keine Lähmung, auch die Facialisgebiete waren beiderseits frei. Hörvermögen
beiderseits erhalten. Rechtes Auge steht nach innen, kann nicht zum äusseren
Lidwinkel hingewendet werden. Patient hatte bald nach dem Unfall erbrochen:
Blutung aus dem Munde.
Die Abweichung der gleichnamigen Doppelbilder (Untersuchung von Dr. Horst-
mann) betrug durch’s Prisma gemessen am 7. November 1879 20°. Behandlung
mit dem konstanten Strom, Ka an der rechten Schläfe und am äusseren rechten
Augenwinkel (bezw. am Auge selbst bei geschlossenen Lidern). ‘Am 16. Januar 1880
betrug die Ablenkung nur noch 23—5°. — Augenhintergrund normal. (Vgl. S. 429.)
(Eigene Beobachtung. Bernhardt.)
41. Rechtsseitige Abducenslähmung, durch den konstanten Strom
erheblich gebessert.
Die 34jährige Schneiderin Mathilde K. litt seit 14 Tagen (nach vorauf-
gegangenen reissenden Schmerzen in der rechten Kopfhälfte) an einer rechtsseitigen
Abducenslähmung. Am 25. November 1879 betrug die Ablenkung (durch Prismen
gemessen, nach Dr. Horstmann) 44°; Behandlung mittelst des konstanten Stroms
(Anode Nacken, Kathode an der rechten Schläfe, bezw. am rechten äusseren Augen-
winkel) bis Januar; am 16. Januar 1880 war die Beweglichkeit des rechten Auges
nach aussen hin fast zur Norm zurückgekehrt: die Ablenkung betrug jetzt nur
noch 14°. (Eigene Beobachtung. Bernhardt.)
42. Taubheit nach Meningitis; Ohrensausen; Dämpfung desselben
beiderseits durch die Anodenwirkung; paradoxe Reaktion des nicht
armirten Ohres.
Louise Stuff, 12 Jahre alt, hat im April 188! eine Hirnhautentzündung über-
standen. Seit Mitte Mai war das Gehör verloren. Sie geht noch etwas schwankend,
ist sonst wohl. Trommelfelle beiderseits leicht getrübt, Tubenkatheterismus wegen
Ungeberdigkeit unausführbar. Sprache gut (18. November 1881).
Anode in der linken Hand; Kathode am linken Ohr (äussere Anordnung):
Sausen links vermehrt (KaD), rechts gemindert. — Anode am linken Ohr dämpft
links bei 10—15° N.A. das Sausen und lässt es rechts stärker heryortreten. —
Anode am rechten Ohr dämpft das Sausen rechts (10— 15° N.A), verstärkt es
links: verringert man die Widerstände des in Nebenschluss eingeschalteten Rheo-
staten, so erfolgt die umgekehrte Reaktion. Die Kathode am reehten Ohr dämpft
das Sausen des linken Ohres und erhöht es am rechten (10° N.A.). (Vgl. S. 310, 434 )
(Eigene Beobachtung. Bernhardt.)