Full text: Wanderfahrten eines Kunstfreundes in China und Japan

   
  
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
  
   
  
   
   
   
   
   
   
   
  
   
   
   
   
   
   
   
  
   
   
   
   
  
     
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Kyoto II 189 
von Motonobu hängt, wie er vor einem blühenden Pfirfihbäumchen die Er- 
leuhtung (Satori) erlebt. Jn dieſem Klöfterchen werde ich nun eingeladen, 
an einem mir zu Ehren veranſtalteten Chanoyu teilzunehmen. Die übrigen 
Teilnehmer ſind der Abt und mehrere Prieſter ſowie eine alte Dame, die an- 
ſcheinend die Koſten auf fi nimmt, ferner aber ein aus Kyoto berufener, 
ſehr angeſehener Chajin (Teemeiſter), der als Wirt die Zeremonie leitet. 
Es geht alles ungefähr ſo vor ſih wie vor ein paar Tagen im Daitokuſi, doch 
etwas formelhafter und preziöſer, und die Prieſter bemühen ſih, mir zugleich 
aud die Geſchichte und Bedeutung des Chanoyu zu erklären. Der Sinn der 
Übung ſei es, die fünf Sinne und das Bewußtſein, das als ſe<ſter Sinn 
gilt, auf einen Gegenſtand organiſch zu konzentrieren. Darum habe der Tee- 
raum ſe<s Öffnungen u. dgl. Die ſehs Sinne ſollen gereinigt und geklärt 
werden, darum fei eigentlic das Bild des Tripitaka für das Tokonoma be- 
ſtimmt. Es finde auh die Konzentration und Vereinigung der ſonſt ge- 
trennten ſe<s Künſte im Chanoyu ſtatt. Unerläßlich ſei dabei die Geſinnung 
des Waka, in der der Wirt und die Gäſte einander in Frieden verehren. 
Dies fei identifch mit dem e<ten Verhältnis von Subjekt und Objekt: fie 
werden zu einem. „Inden man den Tee {lürft, wird man ſelbſt zum Tee — 
das iſt Zen.’ Joſhu, der chineſiſhe Patriarch, habe zu einem Prieſter geſagt: 
„Trink Tee und dann geh fort!!“ In Japan habe das Chanoyu zuerſt als 
Friedenszeremonie unter vielen Teilnehmern ſtattgefunden im Kinkakuſi, 
dann als Gefellfichaftsipiel unter wenigen im Ginfafuji, veranftaltet von 
den Shogunen Yoſhimitſu und Yoſhimaſa. Jn der Zeit Nobunagas und 
Hideyoſhis aber ſei dur< Rikkyu die Teeſchule des Daitofuji gegründet wor- 
den, die noh heute beſtehe und au< im Myoſhinji gepflegt werde. In der 
Welt finde heute meiſt nur ein Teeſpiel (Chagi) ſtatt oder gar ein Teegeſchäft 
(Ehaji) an Stelle des wahren Chado, der Teekunſt. Das ſei ähnlich wie das 
Verhältnis von Shaſei (Skizzenmalerei), Nangwa und Zengwa. Nur das 
Zen-Bild darf im Tokonoma für das Chanoyu aufgehängt werden, und der 
Zen-Maler muß den Geiſt des Chanoyu ergriffen haben, um im Hinbli> 
darauf ſein Bild zu \{<affen. Jn China habe Yü-ch'ien als erſter ein Sankyo- 
(Tripitaka-) Bild dazu aufgehängt, und Yoſhimaſa habe zuerſt ein Werk Yü- 
h’iens im Ginkakuji angebraht. — Nachdem die Zeremonie beendet und 
der huldige Dank geſagt iſt, begleiten mich zwei der Prieſter noh in weitere 
Nebenklöſter des Tempels, zunächſt in das Tenkyu-in. Hier ſind im erſten 
Raum die Schiebewände von Kano Sanraku mit blühenden Winden um 
Zäune auf Goldgrund bemalt, der zweite und größte Raum iſ von demſelben 
Meiſter ebenſo mit dem Motiv Bambus und Tiger geſhmü>t, im dritten
	        
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