Full text: Wanderfahrten eines Kunstfreundes in China und Japan

Ning-po und P’u-t’o-ſhan 
Shanghai, 26. April. Am Tage nah der Rückkehr von Hang-chou zog 
ih in Shanghai Erkundigungen ein, wie ih am beften nach P’u-t’o-fhan ge- 
langen könnte, einer Felſeninſel im Meere ſüdli<h von Shanghai, die einer 
der vier heiligen Berge des chineſiſ<hen Buddhismus und für ihre großartigen 
Tempelbauten berühmt iſt. Sie ift mir aus der {óönen und gründlichen Der- 
öffentlihung Ernft Börihmanns bekannt, und es ſchien mir der Mühe wert, 
dieſe Bauten und Denkmäler mit eigenen Augen zu ſehen. Wenn ſie auh 
meiſt aus neuerer Zeit ſtammen, ſo werden ſie doh ein gutes Bild von der 
Geſtaltung der reihen und großen buddhiſtiſchen Heiligtümer, vielleicht auh 
einen ſtärkeren Eindru> von Glauben und Kultus geben können als die 
Tempel, die ih bis jet beſuchen konnte. Auf dem deutſchen Generalkonſulat 
gab mir einer der Beamten, der dieſelbe Reiſe vor niht langer Zeit unter- 
nommen hatte, die beſten Ratſchläge. Da nur einmal wöchentlich eine direkte 
Verbindung beſteht, ſo nahm ich kurz entſhloſſen für denſelben Abend eine 
Fahrkarte für das Schiff Hſin-tien-tſin der China Merchant Shipping 
Company, das mich zunächſt nah Ning-po bringen ſollte. Um 5.30 Uhr ver- 
ließ das kleine, ziemli< primitive und enge Dampferchen den Kai, wir 
fuhren den Wang-pu hinab, es war ein ziemlich heiterer Abend, wenn auh 
windig, und zwiſchen den flachen grünen Ufern ſah man viele Dſhunken mit 
braunen Segeln. Als wir in die Yang-tſe-Mündung kamen, wurde es dunkel, 
und ih legte mih bald in meiner Kajüte nieder. Das offene Meer fpürte 
man am höheren Seegang, doh {lief ih gut und erwachte erſt, als ih das 
Schiff ſtillſtehen ſpürte und draußen erheblihen Lärm vernahm. Es war 
5 Uhr, und wir lagen in Ching-hai, wo der Yung-kiang in das Meer mündet, 
eine Stunde vor Ning-po, das wir flußaufwärts fahrend um 6 Uhr erreichten. 
Am Kai eines recht belebten Flußufers zwiſchen zahlreihen Dampfern und 
Segelſchiffen legten wir an, gegenüber ſtand eine Reihe europäiſcher Häuſer 
etwas altertümlihen Stils. Ning-po liegt nicht gar weit ſüdlih von Hang- 
<ou, doch iſt die teilweiſe ſhon vorhandene Bahnverbindung mit dieſer Stadt 
immer noch nicht fertiggeſtellt. Hier ift {hon vor der Gründung Shanghais 
ein europäiſher Vertragshafen geweſen, es beſtehen no< immer Konſulate 
und Handelsniederlaſſungen, aber der Ort hat nur mehr eine lokale und be- 
    
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
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