Reiſe durch Shantung
Tfi-nan, 17. Auguft. In Hſü-hou beftieg ich am 14. Auguſt morgens
2.30 Uhr den Erpreßzug und befam ein gutes Schlafwagenabteil. Am Mor-
gen fuhr ich durch Shantung nad) Norden. Die Landſchaft war völlig ver-
ändert. Statt der unendlichen, in feuchter Hiße brütenden Fruchtebene des
öftlichen Honan lagen hier breite Täler zwiſchen grauen, mit grünen Weide-
hängen begraſten Felsbergen. Auf den Feldern war das Korn und die Hirſe
no< niht ganz reif, alles atmete eine kühle, frühſommerliche Friſche, viele
Obſtbäume ſtanden um die nüchtern-einfachen Dörfer, Waſſerläufe ſah man
hier und dort blau aufblinken, unter der dünnen braunen Erdkrume zeigte fi)
überall das ſilbergraue Geſchiebe des Geſteins. Schöne Gebirge lagen in der
Ferne, beſonders im Oſten, wo der T'ai-\han in Wolken ſein Haupt verbarg.
Auf den Adern waren die Bauern fleißig bei der Arbeit, mit hübſchen Stroh-
hüten von allen nur denkbaren Formen gegen Sonne und Regen geſ<Üüßkt.
Heitere wechſelnde Bilder flogen ſo an mir vorüber, Bilder eines härteren,
nördlichen Landes, das mich an die Heimat erinnerte.
Um 12 Uhr mittags war ih in Tſi-nan-fu, der Hauptſtadt von Shantung.
Auch hier liegt die alte Stadt eng in ihren hundertjährigen Mauern, es um-
ichließt fie ein weiter äußerer Ring mit einer zweiten, niedrigen Umfriedung.
Davor liegt, wieder nah dem Bahnhof zu, eine halb europäifche Siedlung
mit modernen Straßen, Fabriken und ärmlichen Hütten. Hier ging ih in das
von Deutſchen begründete und auh heute no< gut gehaltene Hotel Stein.
Zum erſtenmal ſeit mehr als einem Monat knüpften ſi< wieder die Fäden
zum alten Leben. Auf dem deutſchen Konſulat fand ih eine Menge nah-
geſandter Poſt, ih beſuchte deutſche Landsleute, die hier als Ärzte wirken,
beſuchte die katholiſhe Miſſion, wo Pater Herkenrath für die geplanten
Reiſen in Shantung mir freundliche Ratſchläge und Empfehlungen gab,
au einen jungen Chineſen namens Hoang als Gehilfen für meine hieſigen
Beſorgungen mir zur Verfügung ſtellte. Man merkt es no< immer, daß dieſe
Provinz einſt deutſches Einflußgebiet war und von deutſchem Unternehmungs-
geiſt auf mancherlei Weiſe erſchloſſen und gefördert worden iſt. Dann machte
ich auch bei Amerikanern Beſuche, die in Tſi-nan-fu eine große Univerſität,
Hoſpitäler und Schulen begründet haben, fand auch hier bereitwillige Aus-
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