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Gauss an Olbers. Braunschweig, 1802 December 21.
No. 49. Gauss an Olbers. [24
Braunschweig, 1802 December 21.
Es scheint, dass mein Geschick mich schneller zur Bestimmung
meines letzten Entschlusses wegen meiner künftigen Lage treiben wird,
als ich gedacht hatte. Nach einem vorläufigen Briefe von Fuss an den
Geheimrath v. Zimmermann hat die Akademie den besten \\ illen, meine
geäusserten Bedenklichkeiten zu heben, und ich habe nun posttäglich
das Resultat der Vorstellungen, die Fuss deswegen bei dem Grafen
Sawadowski machen wollte, zu erwarten. Fuss schreibt zugleich, dass
die Vorstellungen, die man sowohl von der Theuerung, als von den
Beschwerden des Klimas von St. Petersburg im Auslände habe, sehr
übertrieben seien. Das letztere sei wohl rauh, aber gesund und selbst
die Quelle von vielen Annehmlichkeiten, die anderen Ländern unbekannt
seien. Aehnlichen Inhalts ist ein Brief von Schubert an mich, den ich
Ihnen hier im Vertrauen mittheile, und der mir zugleich die Aussicht
eröffnet, wenn ich den Ruf annähme, in dem täglichen Umgänge mit
einem sehr vortrefflichen Manne (der zugleich mein Landsmann ist),
einer glücklichen Existenz zu gemessen. Aufrichtig zu sprechen, bester
Freund, bin ich nicht abgeneigt, mich darauf einzulassen. Nichts davon
zu sagen, dass ich doch auf den Göttinger Ruf nicht mit Gewissheit
rechnen kann, so kann man nach Herrn Brandes eigenem Geständniss
noch nichts darüber bestimmen, wann und auf welche Bedingungen der
selbe geschehen könne, und ich weiss daher nicht — soviel Empfehlendes
er auch in anderen Rücksichten voraus haben möchte —, ob nicht
wenigstens in einem Punkte der Petersburger den Vorzug behaupten
würde, ich meine in Ansehung der Müsse. In Göttingen müsste ich mich
zwischen praktischen Beschäftigungen und Vorlesungen theilen; in Peters
burg würden die letzteren ganz wegfallen, und es scheint mir daher
fast, dass ich in Petersburg beträchtlich mehr eigentlich wissenschaft
liche Arbeiten unternehmen könnte, als in Göttingen; wenn ich mich
nicht an letzterem Orte der Gefahr aussetzen wollte, ein zu frühes
Opfer einer zu weit getriebenen Arbeitsamkeit zu werden. Sollte es
indess wirklich die Absicht der Hannoverschen Regierung bei Errichtung
der neuen Sternwarte sein, theils zum Besten der Vervollkommnung
der A\ issenschaft selbst zu wirken, theils den Glanz der Universität zu
erhöhen, theils jungen talentvollen Männern, die sich ernstlich auf die
Astronomie legen wollen, Gelegenheit dazu zu verschaffen, und sollte
sie daher wirklich dem Direktor der Sternwarte nicht zumuthen wollen,
sich durch andere akademische Onera, die nicht zu jenen Absichten ge
hören, distrahiren zu lassen, .... so fiele allerdings der oben erwähnte