Gauss an Olbers. Göttingen, 1814 Juli 7.
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wahre Zeit, als dem Zeitpunkt der kleinsten Entfernung, noch 21,4"
vom südlichen Sonnenrand entfernt.
Haben Sie mit Ihrem Heliometer wohl schon Distanzen von Doppel
sternen gemessen, z. B. von 61 Cygni?
No - 283 Gauss au Olbers. 1 ) [m
Göttingen, 1814 Juli 7.
Mit \ ergnügen werde ich Ihrem Wunsche zufolge nächstens für
Sie die Bestellung eines Heliometers in München ausrichten. Reichen-
bach ist, wie mir Hr. v. Utzschneider vor einigen Tagen schrieb,
jetzt nicht in München, wird aber in Kurzem daselbst zurückerwartet.
Den Preis mit dem Stativ kann ich Ihnen nicht angeben, vermuthlich
den des Stativs auch Reichenbach selbst nicht eher, als bis unser
Stativ fertig ist. Ohne Stativ kostet unser Heliometer in München
420 fl. (24 Fuss), Transport und sonstige kleine Nebenkosten bis hier
her noch nicht 6 Thaler. Erlauben Sie mir nur noch einige Fragen.
Sie wünschen ein Okular mit Fadenkreuz, um Dekl. bestimmen zu
können. Auch ich hatte mir schon vorgesetzt, theils zu diesem Zweck,
tlieils um zum Behuf der genauen parallaktischen Aufstellung eine be
stimmte Gesichtslinie zu haben, selbst ein paar Fäden einzuziehen. Der
erste Gebrauch wird aber nur auf Sonnenflecke oder sehr mondhelle
Nächte beschränkt sein, wenn nicht zugleich eine Beleuchtung von
aussen angebracht wird. Wünschen Sie eine solche von der Seite? Ich
sollte fast glauben, dass selbst die Asteroiden, w r enn sie die 8. Grösse
haben, noch einige Beleuchtung vertragen werden. Freilich, fällt mir
jetzt eben ein, wird dieselbe bei einer parallaktischen Aufstellung nicht
immer horizontal einfallen können, sondern auch mit einer Neigung, die
im Maximum der Aequatorshölie gleich sein wird. Ich hoffe übrigens,
dass bei einer parallaktischen Aufstellung der Positionswinkel sich un
mittelbar mit ziemlicher Schärfe wird angeben lassen. Mein Heliometer
giebt die Rotation der Objektive nur in Graden an; ein geübtes Auge
fehlt aber beim Schätzen wohl nicht leicht über 3', und das giebt erst
bei einer Distanz von 19' einen Fehler von 1". Wünschen Sie einen
Nonius? Aufrichtig gesagt, glaube ich doch nicht, dass der Gewinn
davon gross ist, wenn nicht für die Rotation eine feine Bewegung an
gebracht ist, die aber, zumal wenn der Beobachter selbst sie soll diri-
giren können, das Instrument sehr komplicirt machen müsste. Sonst
9 Von jetzt ab überwiegt in Gauss’ Briefen die lateinische Schrift, besonders
bemerkt wird nunmehr die Schreibweise in deutscher Schrift. Sch.