Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Olbers an Gauss. Bremen, 1822 Februar 2. 
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Ihre in einem früheren Briefe 1 ) geäusserte Idee, die Anomalien 
der Erdoberfläche durch paarweise mit dem Sektor zu machende Beobb. 
zu prüfen, ist gewiss vortrefflich, allein sehr kostspielig, wenn jedesmal 
ein besonderes Observatorium gebaut werden muss. Das Zelt, welches 
sehr abgenutzt war, habe ich nicht mit übernommen. Ich sollte glauben, 
man müsste diese Anomalien jetzt ebenso scharf (wo nicht schärfer) 
durch Längendifferenzen erhalten können, nur müssen diese nicht auf 
Zeitbestimmung, sondern auf beobachtete Richtung der Mittagslinie ge 
gründet sein, welches vielleicht mit dem Stutzschwanz bis auf 1"J- 
genau geschehen kann, wenn man die Beobb. gehörig vervielfältigt und 
die gehörige Vorsicht an wendet. 
Die Meridiane der Göttinger und Gothaer Sternwarte scheinen 
wirklich etwas von einander abzuweichen, welches selbst trotz des 
schlechten Dreiecks Brocken, Hohehagen, Inselsberg noch erkennbar 
scheint. Meinen eigenen Meridian (durch [das] Mittagsfernrohr) glaube 
ich auf die Sekunde zu haben. Doch müsste man vollständige Kenntniss 
vom Detail der Zwischenwinkel und der Bestimmung des Seeberger 
Meridians selbst haben, um darüber urtheilen zu können. * Insofern 
die Erde kein Ellipsoid und also ohne Zweifel auch kein Revolutions 
körper ist, muss man streng genommen die Oerter, die mit einem Orte 
gleiche Länge haben, von denen unterscheiden, die in seiner Mittags 
linie liegen. Gleiche Länge haben die, deren Vertikalen mit einer 
Vertikalfläche durch die Erdaxe parallel sind, ohne dass sie in dieser 
Ebene selbst zu liegen brauchen. Ich meine, La Place hat auch schon 
diese Distinktion gemacht. 
No. 441. Olbers an G-auss. [237 
Bremen, 1822 Februar 2. 
Sie haben mir durch Ihre 3 letzten Briefe eine sehr grosse Freude 
gemacht. Ich habe sie mit ebenso viel Interesse als Belehrung ge 
lesen, und es ist mir äusserst angenehm, Sie gewissermaassen zur Unter 
suchung dieser so wichtigen Materie veranlasst zu haben. Nach der 
letzten Modifikation Ihrer Methode scheint mir nichts mehr zu wünschen 
übrig, sowohl was die Leichtigkeit der Rechnung als die zu erreichende 
Sicherheit des Resultats betrifft. Ich hoffe, Sie werden uns auf alle 
Fälle diese Untersuchungen gedruckt geben, wenn auch, wie ich doch 
jetzt kaum glaube, auf die Preisfrage der Societät eine nicht unwürdige 
Abhandlung eingehen sollte. Sie werden diese Untersuchungen viel
	        
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