Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Olbers an Gauss. Bremen, 1838 Mai 10. 
685 
No. 719. 
Olbers an Gauss. 
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Bremen. 1838 Mai 10. 
Es tliut mir unendlich leid, dass Sie Ihren trefflichen Weber höchst 
wahrscheinlich verlieren werden. So weit ich die Lage der Sache be- 
urtheilen kann, muss ich glauben, dass der König nicht nachgeben wird 
und gewissermaassen auch nicht nachgeben kann, ohne eine Erklärung 
oder Entschuldigung zu fordern, die der hochherzige Weber schwerlich 
mit seinem Ehrgefühl verträglich finden wird. Aber wenn sich dieser 
so ausgezeichnete Physiker auch von Göttingen entfernen und ander 
wärts einen passenden Wirkungskreis suchen muss, so scheint mir da 
durch doch seine Mitwirkung bei Ihren so interessanten magnetischen 
Untersuchungen und Entdeckungen nicht aufgehoben, und die Ver 
folgung der neuen Aussichten, die Ihnen der Bifilar-Apparat eröffnet 
hat, nicht abgeschnitten. Für Sie persönlich und für Göttingen wird 
der Verlust immer gross und unersetzlich bleiben; aber kann es der 
Angelegenheit selbst nicht zuweilen auch vortheilhaft sein, wenn auch 
an einem Orte ausser Göttingen gleichzeitige Beobb. ganz in Ihrem 
Sinne und in Ihrem Geiste von Weber angestellt werden, und wird sich 
nicht vieles einigermaassen, wenn auch nicht ganz, durch Briefwechsel 
ersetzen lassen, was das persönliche Zusammenleben darbot? 
Im Ernst haben Sie wohl nicht meinen Rath bei Wiederbesetzung 
von Weber’s Stelle verlangt? Wie könnte Ihnen dieser von dem ge 
ringsten Werth sein. Von den 3 mir genannten, Steinheil, Gerling 
und Listing, kenne ich nur Gerling persönlich. Er ist Ihr dankbarer 
Schüler, hängt mit Herz und Seele an Ihnen, und Sie haben ihn sich 
früher, wie ich mich erinnere, wohl zum Kollegen gewünscht. Vor 
Steinheil’s grossem Genie habe ich alle mögliche Achtung, doch hat 
es mir zuweilen geschienen, als wenn er vieles anfängt, das er nicht 
zu Ende bringt. Bei seiner heftigen Streitigkeit mit Encke war ich 
geneigt, ihn für etwas rechthaberisch, eigensinnig und leicht aufgereizt 
zu halten, weil ich damals Encke nur als einen sehr bescheidenen und 
sanften Mann kannte. Allein das Benehmen von Encke gegen Bessel 
hat mich die Sache anders beurtheilen lassen. — Von Listing weiss 
ich gar nichts, kenne auch seine Doktor-Dissertation gar nicht. 
Ich sollte hoffen, dass Sie nach genommener Rücksprache mit Weber 
Ihren Lesern beim Schlüsse der Resultate für 1837 die Fortsetzung 
dieser so wichtigen Schrift ankündigen werden. 
Ihre auch mir so liebe Frau Tochter, Frau Prof. Ewald, wird nun 
wohl bald Göttingen und Sie verlassen. Ich wünschte, dass Sie beider 
seits den schmerzhaften Abschied schon überstanden hätten. Sehr gern
	        
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