WORKING GROUP 5
KORBER
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alterliche. Barocke Adelshäuser täuschen - einmal in Mietshäuser umgewan
delt - darüber hinweg, dass in die Höfe längst Werkstätten eingezogen sind.
Das Luftbild gibt den erforderlichen Einblick. Alle Bauten, die den Blicken
hinter den geschlossenen Häuserfluchten verborgen bleiben, offenbaren sich
im Luftbild. Wer wollte wohl Altona kennen lernen, der nicht ein Luftbild
hätte! Erst dieses Bild lässt den Betrachter die vielen kleinen und mittleren
Werkstätten entdecken, von denen er wohl wusste, da viele Geschäftsadressen
solcher Betriebe in Hamburg hierher weisen. Hier hinter den ärmlichen Miets
hausfluchten des alten Altona bilden sie ganze Quartiere, von denen nur
einzelne Zellen jeweils von der Strasse zugänglich sind, die sich aber mit ihren
Längs- und Rückseiten in diesen von Wohnhäusern umzogenen Bereichen
geradezu stossen. Wir sahen, dass sich die Nahtstellen des Wachstumsvorgangs
erkennen lassen. Aus dem Studium des Kleingefüges ergibt sich zuweilen
schon die Lunktion. Fasst man das zusammen, ergeben sich schon viele
Gesichtspunkte, die eine räumliche Gliederung ermöglichen. Eine derartige
Gliederung wird von der Erdbeobachtung nicht immer bestätigt werden, doch
gibt sie uns ein Gerüst, an dem wir die künftige Arbeit ausrichten können.
Sind nach der Stadtbegehung erst die wirklichen Stadtviertel festgestellt wor
den, wird man auch dann wieder das Luftbild mit Gewinn zur Hand nehmen,
um für die gefundenen Kerne der Stadtquartiere, deren bezeichnende Elemente
nun bekannt sind, die Grenzen festzustellen. Hier wird eine stete Ergänzung
von unmittelbarer Beobachtung und dem Studium des Luftbildes das beste
Ergebnis erzielen.
In den Innenbezirken der grossen alten Städte wie etwa von Aachen wird
man jedoch diese Methode nur begrenzt anwenden können. Die historischen
Schichten sind zu zahlreich und decken einander nicht. Jeden Betrachter muss
der gerade im Luftbild zum Ausdruck kommende Grad der Differenzierung
solcher Innenstädte überraschen, muss ihn aber auch warnen, dem Bilde zu
sehr zu vertrauen, wo so vieles im Wandel der Zeit verdeckt wurde, ohne im
Grundriss sichtbare Spuren zu hinterlassen. Es sind das aber auch die Teile
der Stadt, die ohnehin seit langem genügend Aufmerksamkeit auf sich gezogen
haben, für deren Erforschung daher auch zahlreiche Methoden längst zur
Verfügung stehen.
Die Aussenstadt jenseits der ehemaligen Befestigungen ist im allgemeinen
weniger beachtet worden, weil sie nur angegliederte Zellen enthält, die ein
zelnen Funktionen dienen, nicht aber die hohe Arbeitsteiligkeit der Innen
städte kennen. Sie sind daher einförmiger, geschichtsloser und nehmen doch
die grössten Flächen der Stadtflur ein. Die Wohn- und Arbeitsstätten der
Massengesellschaft in einem dichtbesiedelten Land haben gegenüber den
Innenstädten zunehmend an Bedeutung gewonnen. Für diese weiten Stadtbe
zirke fehlte es bisher am geeigneten Untersuchungsmittel. Die Erdbeobachtung
ist äusserst zeitraubend. Es ist auch zweifelhaft, ob sie immer die Strukturen
erkennen lässt, zu denen wir keinen Abstand haben, weil sie in unserer Gegen
wart entstanden sind. Das ist der zeitliche Abstand, der für unser Verständnis
fehlt. Wir haben aber auch im Erdbild nicht genügend räumlichen Abstand.