120
Ephemeriden — Epicykel.
seit dem Tag des letzten Neumonds (diesen
Tag selbst mitgerechnet) verflossen sind.
Vgl. Mondcyklus.
Ephemeriden (griech., »Tagebücher«,
»Tageblätter«, in der Einzahl »Ephe
meris«, wofür man aber jetzt gewöhnlich
»die Ephemeride« sagt) nennt man in der
Astronomie Tafeln, in denen die Stellun
gen der Sonne, des Mondes, der Planeten
und Kometen am Himmel im voraus von
Tag zu Tag angegeben sind. Schon Pto-
lemäos und seiri e Zeitgenossen haben wahr
scheinlich derartige Tafeln konstruiert, die
ersten E. aber, die durch den Druck ver
öffentlicht wurden, sind die des Regio-
montanus 1475—1506. Gegenwärtig
sind die besten E.: das »Berliner astro
nomische Jahrbuch«, 1774 von Bode be
gründet; der hauptsächlich von Seefahrern
benutzte »Nautical Almanae and astro-
nomicalEphemeris«, seit 1767aufMas-
kelynes Anregung vom Londoner Längen-
bürcau herausgegeben, und die von Pi
card 1678 begründete »Oonnaissanee
dea temps«, jetzt herausgegeben vom Pa
riser Längenbüreau.
Epicykel (griech., »Nebenkreis«) heißt
ein Kreis, auf welchem sich ein Punkt mit
gleichbleibender Geschwindigkeit bewegt,
während der Mittelpunkt dieses Kreises
auf einem airdern Kreis, den man den
desertierenden (»forttragenden«) Kreis
nennt, fortrückt. Die Epicykeln wurden
von den ältern Astronomen bis zu Keplers
Zeit verwendet, um die oft sehr verwickel
ten Bewegungen der Planeten am Fir-
sternhimmel auf gleichförmige Kreisbe
wegungen zurückzuführen. Diese letztem
waren nämlich die einzigen elementaren
Bewegungen, welche die Alten bei den
Himmelskörpern für zulässig erachteten.
Alle beobachteten Ungleichheiten in der
Bewegung der Himmelskörper können, so
meinten sie, nur scheinbar sein und müs
sen sich durch das Zusammenwirken von
mehreren gleichförmigen Kreisbewegun
gen erklären lassen. Dies ist nun auch in
der That der Fall, wenigstens kann man
auf solche Weise jede gegebene Bewegung
bis auf einen beliebigen Grad der An
näherung genau darstellen. Es verhält
sich damit ungefähr ebenso wie mit der
Verwandlung eines gemeinen Bruchs iir
einen Dezimalbruch: an sich ist es eine
ganz willkürliche Forderung, einen jeden
Bruch als eine SummevonZehnteln, Hun
dertsteln, Tausendsteln re. auszudrücken,
es ist abermöglich, diese Forderung immer,
wenn auch nicht mit absoluter Genauig
keit, so doch mit jedem gewünschten Grade
der Annäherung zu erfüllen. Den ein
fachsten Ausdruck für den Bruch gibt
uns freilich der Dezimalbruch in der Re
gel nicht, und ebenso erhält man mittels
der Epicykeln in der Regel nicht den ein
fachsten Ausdruck für das jeweilige Be
wegungsgesetz.
Um zunächst das Wesen der Epicykeln
klar zu machen, sei in nebenstehender Fi
gur um 0 ein Kreis mit dem Halbmesser
Epicyklische Bewegung.
OA — a beschrieben, der deferierende
Kreis. Auf diesem bewege sich mit gleich
förmiger Geschwindigkeit der Punkt A, und
zwar mögen Ai, As, Ag rc. die Orte des
selben nach 1, 2, 3 rc. Zeiteinheiten sein.
Um diesen Punkt bewege sich nun ein Punkt
P ebenfalls mit gleichförmiger Geschwin
digkeit auf einem Kreis, dem eigentlichen E.
Am Anfang der ersten Zeiteinheit sei nun
P der Ort des beweglichen Punktes. Liefe
nun dieser Punkt nicht ans dem E. herum,
so würde sich die Linie AP parallel ver
schieben und würde nach 1, 2, 3 rc. Zeit-