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Galileisches Fernrohr — Galle.
seiten des Kardinals Bellarmin in Ge
genwart von Zeugen erteilte Vermahnung
enthielt, daß'er die Lehre des Kopernikus
gänzlich aufgeben und fernerhin in keiner
lei Weise für wahr halten, lehren oder
verteidigen solle, weder in Worten noch
Schriften, »sonst werde gegen ihn im
heiligen Offizium verfahreil werden«.
Dabei, setzt das Schriftstück hinzu, habe
sich G. beruhigt und Gehorsam versprochen.
Die »Gespräche« wurden nun verboten,
und G. erhielt die Aufforderung, sich vor
der Inquisition in Rom zu verantworten.
Leidend mußte er bei schlechter Jahreszeit
(20. Jan. 1633) von Florenz nach Rom
reisen, wo er 13. Febr. ankam. Vom
Tage des ersten Verhörs (12.
April) an wurde er im Pa
last der Inquisition inhaf- A
tiert, und nachdem er vier
mal verhört worden, mußte
er 22. Juni 1633 in der Kirche
SantaMaria sopra Minerva
in Gegenwart einer großen
Anzahl geistlicher Würden
träger knieend abs chwören, verwünschen
und verfluchen die falsche und der Hei
ligen Schrift zuwiderlaufende Lehre, die
Sonne sei das Zentrum der Welt, unb
dieselbe gehe nicht von O. nach W.,
die Erde bewege sich und sei nicht das
Zentrum der Welt. Daß er nach der Ab-
schwöruna, mit dem Fuße stampfend, ge
rufen habe: »Und sie bewegt sich doch!«
ist eine Fabel, die sich anscheinend zu
erst im 3. Bande der »tzuer6ll68 litté
raires « von Jrailh (Par. 1761) findet.
Nachdem G. noch zwei Tage im Jnquisi-
tionsgefängnis zurückbehalten worden,
wurde ihm die Villa Medici, 30. Juni aber
der Palast des Erzbischofs Piccolomini in
Siena als Wohnsitz angewiesen. Vom
1. Dez. 1633 an durste er in seine
Villa bei Arcetri zurückkehren, blieb aber
bis an sein Lebensende unter strenger
Aufsicht der Inquisition und durfte sich
nur zeitweilig, als er 1637 erst das rechte
und bald darauf das linke Auge verlor
und sehr leidend wurde, in sein Haus
zu Florenz zurückziehen. Auch nach sei
nem Tod (1642) gab die Inquisition
den ihr Verfallenen noch nicht frei: er
durfte nicht in einer Familiengruft der
Kirche Santa Croce zu Florenz, sondern
nur in einer Seitenkapelle beigesetzt wer
den, keine Leichenrede durfte gesprochen
und das Grab durch kein Denkmal ge
schmückt werden! Erst die spätere Nach
welt hat diese Schuld abgetragen. Vgl.
Gebler, G. (1876 u. 1878); der 2.
Band enthält einen vollständigen Abdruck
der Prozeßakten.
Galileisches oder holländisches Fern
rohr, das zuerst 1608 in Holland und dann
selbständig von Galilei konstruierte Fern
rohr, dessen Objektiv eine Sammellinse
und dessen Okular eine Zerstreuungslinse
ist. Die erstere, o in unsrer Figur, würde
Galileisches Fernrohr.
von dem entfernten Objekt AB ein umge
kehrtes verkleinertes Bild entwerfen, wenn
nicht die Lichtstrahlen, noch bevor sie sich zum
Bild vereinigt haben, auf das Okular trä
fen, welches sie divergent macht, so daß ihre
Rückverlängerungen das Bild ab geben,
welches aufrecht ist. Da der Gesichtswinkel,
unter welchem dasselbe erscheint, größer
ist als derjenige, unter welchem man das
Objekt mit bloßem Auge sieht, so ist das
Bild auch vergrößert, und zwar ist die
Vergrößerung gleich der Brennweite des
Objektivs, dividiert durch die Zerstreuungs-
Weite des Okulars. Da dieses Fernrohr
schon bei schwachen Vergrößerungen ein
verhältnismäßig kleines Gesichtsfeld be
sitzt, so wird es nicht zu wissenschaftlichen
Zwecken, sondern nur zu Taschenperspek
tiven und Opernguckern verwandt.
GalileischeZahl, veraltete Bezeichnung
für den Weg eines frei fallenden Körpers
in der ersten Sekunde, V2 g = 4,9 m.
Vgl. Fall der Körper.
Galle, Johann Gottfried, geb. 9.
Juni 1812 in Pabsthaus bei Gräfenhai-
nichen unweit Wittenberg, studierte in
Berlin unter Encke, wurde Gehilfe an der