Full text: Lexikon der Astronomie

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Gravitation (Ansichten des Altertums). 
f __ F 
AP 3 — BP 3 ' 
Wenn nun die Kugelschale sehr dünn und 
überall gleich dicht ist, so verhalten sich die 
Massen, welche bei A und B innerhalb 
der Kegel liegen, wie die Flächen f und F; 
die Anziehungen dieser Massen auf P sind 
demnach gleichgroß, und weil sie entge 
gengesetzte Richtung haben, so heben sie 
sich auf. Auf diese Weise heben sich die An 
ziehungen, die von entgegengesetzten Seiten 
auf P ausgeübt werden, paarweise auf. 
Denken wir uns nun eine dickere Kugel 
schale in eine große Anzahl sehr dünner 
konzentrischer Schalen zerlegt, so Hebensich 
innerhalb jeder einzelnen die Anziehun 
gen auf, und daher ist die Anziehung 
der ganzen Kugelschale auf einen innern 
Punkt gleich Null. 
Befindet sich also ein Punkt F im In 
nern einer massiven Kugel, in welcher die 
Dichte durchweg gleich oder mit der Ent 
fernung vom Mittelpunkt veränderlich 
ist, so üben auf denselben nur diejenigen 
Punkte eine wirksame Anziehung, die dem 
Mittelpunkt näher liegen als R 
3) Dem in Nr. 1 angeführten Satz 
gemäß übt die Erde auf jeden außer ihr 
befindlichen Punkt eine Anziehung aus, 
die so groß ist, als läge die ganze Masse 
unsers Planeten in seinem Mittelpunkt 
vereinigt, und diese Anziehung eben ist 
eö, die wir wahrnehmen, im Fall der 
Körper zur Erde herab, und im Druck, 
den ein unterstützter Körper auf seine Un 
terlage ausübt. 
Eiue geringe Modifikation erleidet diese 
Bemerkung allerdings durch den Umstand, 
daß die Erde nicht genau kugelförmig, 
sondern spharoidisch ist. Infolgedessen ist 
die Richtung der Schwere nur am Äquator 
und den Polen genau nach dem Mittel 
punkt gerichtet, an andern Orten aber 
steht sie rechtwinkelig gegen die ideelle 
Oberfläche, d. h. gegen die Oberfläche des 
offenen Meers, wenn man sich solche in 
sphäroidischer Gestalt unter das Festland 
fortgesetzt denkt. Indessen ist die Abwei 
chung der Erde und der übrigen Planeten 
von der Kugelgestalt so unbedeutend, daß 
man sie in den meisten Fällen ganz ver 
nachlässigen darf. 
Bei der Betrachtung des freien Falles 
der Körper kann in der Regel von der 
Veränderung der Schwere mit der Ent 
fernung von der Erde abgesehen werden, 
weil die Fallräume nur verhältnismäßig 
klein sind. Bei größern Fallräumen muß 
dieselbe aber berücksichtigt werden, und 
es gelten dann nicht inehr die einfachen 
GauleischèN Faügesetze. Dgl. Fall der Körper. 
In ganz gleicher Weise wie die Erde 
wirkt auch jeder andre Himmelskörper 
anziehend, und man kann sich bei Berech 
nung der Wirkung dieser Anziehung auf 
andre Körper seine gesamte Masse in 
seinem Mittelpunkt vereinigt denken. 
4) Eine Ahnung davon, daß die Schwere 
sich in größere Entfernung von der Erde 
erstreckt, hat man schon im klassischen Al 
tertum gehabt. Insbesondere scheint das 
Niederfallen eines gewaltigen Meteori 
ten am Ziegenfluß (Ägospotamos) in 
der Thrakischen Ehersones, in der Nähe 
der Stelle, an welcher 62 Jahre später 
Lysander durch seinen Sieg über die 
Athener dem Peloponnesischen Krieg ein 
Ende machte, derartige Ideen angeregt zu 
haben. Der Geschichtschreiber Plutarch 
gedenkt in seiner Biographie Lysandcrs 
der Meinungen einiger Physiker betreffs 
der Feuermeteore, wonach diese Meteore 
Wurf und Fall himmlischer Körper sind, 
dergestalt, daß sie durch ein Nachlassen 
des Schwunges herabgeschleudert werden. 
An einer andern Stelle, in seiner Ab 
handlung »Über das Gesicht im Mond«, 
bemerkt derselbe Schriftsteller, »daß der 
Mond, wenn seine Schwungkraft auf 
hörte, zur Erde fallen würde, wie der 
Stein in der Schleuder«. Das ist genau 
dasselbe, als wenn man in der Redeweise 
der heutigen Physik spricht: »Der Mond, 
von der Erde angezogen, würde zu der 
selben herabfallen, wenn er sich nicht in 
ungefähr kreisförmiger Bahn um dieselbe 
bewegte; die bei dieser Bewegung ent 
wickelte Zentrifugalkraft hält aber der An 
ziehung der Erde gerade das Gleichgewicht, 
und der Mond bleibt deshalb in seiner 
Bahn«. Noch deutlicher weist auf eine der 
Zentrifugal- oder Schwungkraft entgegen 
gesetzte Zeutralkraft der im 6. Jahrh, 
unsrer Zeitrechnung lebende Kommen
	        
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