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Homozentrische Sphären.
dachte er sich den Himmelskörper am Äqua
tor der Sphäre befestigt. Um aber die
veränderliche Geschwindigkeit derPlaneten,
ihre Stillstände und Rückläufe uud ihre
Abweichungen nach rechts und links in
bezug auf die Breite zu erklären, genügte
die Annahme Einer solchen Sphäre nicht,
sondern man mußte annehmen, daß auf
den Planeten mehrere solche gleichförmige
Kreisbewegungen wirken. Demgemäß
dachte sich Eudoros die Achse der Sphäre
nicht fest wie die Weltachse, sondern er
stellte sich vor, daß ihre Endpunkte, also
die Pole der Sphäre, auf einer zweiten,
rößern Sphäre angebracht seien, die mit
er erstern konzentrisch ist und sich um
eine Achse, die nicht mit der Achse der
ersten Sphäre zusammenfällt, mit gleich
bleibender Geschwindigkeit dreht. Da aber
auf solche Weise sich noch nicht alle that
sächlich beobachteten Unregelmäßigkeiten
in der Bewegung der Himmelskörper er
klären ließen, so nahm Eudoros noch eine
dritte, noch größere, aber mit den beiden
ersten konzentrische Sphäre an, auf wel
cher die Pole der zweiten ruhten. Die ge
nauere Untersuchung des Zusammenwir
kens von drei solchen Sphären zeigte nun,
daß es bei geeigneter Wahl der Lage der
Pole und der Umdrehungsgeschwindig
keiten möglich sei, durch drei Sphären die
Bewegungen deö Mondes und der Sonne
ricktig darstellen.
Beim Monde dachte sich nämlich Eu
doros, daß die äußerste Sphäre sich in
demselben Sinn bewege wie die Fixstern-
sphäre , die zweite sollte sich um die Achse
der Ekliptik drehen, die dritte, innerste
aber um eine gegen die letztere geneigte
Achse. Die erste Zone brachte durch ihre
Notation von O. nach W. die tägliche
Umdrehung hervor. Die zweite, welche
sich in entgegengesetzter Richtung, von
W. nachO., drehte, verursachte den mo
natlichen Umlauf. Die dritte Sphäre
drehte sich wieder in derselben Richtung
wie die erste, von Ost nach West; ihr
Äquator war gegen die Ekliptik geneigt
unter einem der größten Breite des Mon
des gleichen Winkel. Die Rotation dieser
dritten Sphäre erfolgt nur sehr langsam.
Ihre Annahme wurde deshalb für not-
wrndig erachtet, weil man beobachtet hatte,
daß der Mond seine größte nördliche und
südliche Breite nicht immer an denselben
Stellen der Ekliptik erreicht, sondern daß
diese Punkte in einem der Ordnung der
Zeichen deö Tierkreises entgegengesetzten
Sinn fortrücken. Die drei Sphären sind
demnach bestimmt, den drei zur Zeit des
Eudoros bekannten Bewegungen des
Mondes Rechnung zu tragen, der täglichen,
der siderischen monatlichen und der rück
läufigen Bewegung der Knoten der Mond-
babn auf der Ekliptik.
Jdeler undSchiaparellihaben dar
auf aufmerksam gemacht, daß sich in die
ser Darstellung ein Irrtum befindet, der
wahrscheinlich auf Rechnung des Bericht
erstatters, des im 6. Jahrh. n. Chr. leben
den Aristotelikerö Simplicius, kommt.
Es müssen nämlich die Geschwindigkeiten
der beiden innern Sphären vertauscht
werden: die innerste dreht sich in Zeit
eines Drachenmonats (27 Vr Tage), die
zweite während 223Lunationen einmal um
ihre Achse, wenn alles im Einklang mit
den Beobachtungen von statteil gehen soll.
Bei der Sonne wurden drei Sphären
in Anwendung gebracht, weil nach dem
Ausspruch des Simplicius »dem Eudoros
und seinen Vorgängern die Sonne drei
Bewegungen zu haben schien, nämlich die
des Firsternhimmels, dairn eine der vori
gen entgegengesetzte durch die zwölf Zeichen
und drittens eine zum mittlern Kreis
des Zodiakus seitliche; letzteres wurde
daraus geschlossen, daß die Sonne in den
Sommer- und Winter-Solstitien nicht
iinmer in deniselben Punkte des Hori
zonts aufgeht«. Die äußerste dieser drei
Sphären hat dieselbe Bewegung wie die
Firsternsphäre, die beiden innern drehen
sich im entgegengesetzten Sinn uild zwar
die mittlere um die Achse der Ekliptik, die
innerste um eine nur wenig gegen die
vorige geneigte Achse. Auch bei der Sonne
hat Simplicius die Geschwindigkeiten der
beiden innersten Sphären vertauscht; wir
müssen annehmen, daß die innerste Sphäre
in ungefähr einem Jahr sich um ihr?
Achse dreht, wodurch der Mittelpunkt der
Sonne genötigt wird, einen größten Kreis
zu beschreiben, der nur wenig gegen die