Full text: Lexikon der Astronomie

222 
Homozentrische Sphären. 
Teilen des Tierkreises angenommen. Da 
ferner die Bewegung der zweiten Sphäre, 
soviel wir wissen, bei allen Planeten in 
der Ekliptik vor sich ging, so sind auch 
die Neigungen der Planetenbahnen gegen 
die Ekliptik nicht berücksichtigt. 
Übrigens hat EudoroS nirgends eine 
Andeutung über die Ursache der Rotations 
bewegung der Sphären oder über die Art 
der Übertragung der Bewegung von einer 
Sphäre auf die andre gemacht; ebenso gibt 
er nichts an über die Durchmesser und 
die Abstände der Sphären. Doch scheint 
er, nach Angaben des Archimedes zu 
schließen, die Sonne für neunmal so weit 
von der Erde entfernt gehalten zu haben 
als den Mond. Noch weniger ist irgend 
eine Angabe über den Stoff dieser Sphä 
ren von ihm gemacht worden, und es ist 
ihm daher mit Unrecht der Vorwurf ge 
macht worden, daß er das Weltall in kri 
stallene Sphären eingeschlossen und deren 
Zahl ohne Not bedeutend groß angenom- 
men habe. Nach allem, was uns von sei 
ner Theorie überliefert worden, ist es wahr 
scheinlich, daß dieselbe nur eine geometri 
sche Darstellung der Phänomene geben 
sollte, was auch mit der Überlieferung 
übereinstimmt, daß er zur Aufstellung sei 
ner Theorie veranlaßt worden ist durch die 
von seinem Lehrer Platon gestellte Frage: 
»durch welche Annahmen von regelmäßi- 
gen und geordneten Bewegungen sich die 
im Lauf der Planeten beobachteten Er 
scheinungen erklären ließen«. Von diesem 
Gesichtspunkt auö betrachtet, erscheint diese 
Theorie als eine bewundernswerte Schö 
pfung deö geometrischen Scharfsinns ihres 
Urhebers. Die Tüchtigkeit seiner geome 
trischen Kenntnisse hat Eudoxos übrigens 
auch bewiesen durch die nähere Untersu 
chung der krummen Linie, welche ein Pla 
net iitfolge der Rotation der dritten und 
vierten Sphäre beschreibt; dieselbe wird 
von ihm mit dem Namen Hippopede 
(griech., »Pferdefessel«) belegt. 
Die Theorie des Eudvros hat später 
durch Kalippos von Kyzikos, einen 
Astronomen der nächsten Generation, Ver 
besserungen erfahren. Derselbe fügte näm 
lich bei den Planeten Mars, Venus und 
Merkur noch je eine Sphäre sowie beim 
Mond und der Sonne noch je zwei Sphä 
ren hinzu, um eine bessere Übereinstim- 
mung mit den Beobachtungen zu errei 
chen. Bei der Sonne insbesondere han 
delte es sich um eine Darstellung der schon 
seit einem Jahrhundert bekannten Un 
gleichheiten in der Längenbewegung und 
der daraus folgenden Ungleichheit der 
Jahreszeiten. Eine noch größere Kompli 
kation erhielt das System durch Aristo 
teles, welcher die ganze'Reihe der Bewe 
gungen der verschiedenen Sphären zu einer 
systematischen Gesamtheit zu verbinden 
und die innern Sphären von den äußern 
abhängig zu machen suchte. In einer sol 
chen mechanischen Verbindung sah derselbe 
ein Mittel dazu, den Grundgedanken 
seiner kosmischen Dynamik zur Geltung 
zu bringen, dem zufolge die das Weltall 
bewegende Kraft am Umfang wirken und 
sich von da bis zum Zentrum fortpflanzen 
sollte. Er vereinigte deshalb die von Ka 
lippos angenommenen Sphären zu einem 
Ganzen, und um die Mitteilung der Be 
wegung von den äußern Gestirnen auf 
die innern zu verhüten, schaltete er nach 
der letzten und innersten Sphäre eines 
jeden Planeten und ebenso vor der äußer 
sten Sphäre deö darauf folgenden innern 
Planeten eine Anzahl neuer Sphären ein, 
die er reagierende nannte im Gegen 
satz zu den deferierenden des Eudoxos 
und Kalippos. Zu den 33 deferierenden 
Sphären des letzter» kamen auf diese 
Weise noch 22 reagierende, was eine Ge 
samtzahl von 55 Sphären gibt. 
Über das weitere Schicksal dieses Sy 
stems im Altertum ist uns sehr wenig be 
kannt. Ein Einwand ist aber schon früh 
zeitig gegen dasselbe erhoben worden durch 
den Hinweis auf die Veränderlichkeit der 
Helligkeit der Planeten Mars nnd Venus, 
welche uns nötigt, die Abstände dieser Pla 
neten von der Erde als veränderlich anzu 
nehmen. Diese Forderung widerspricht dem 
Grundgedanken des Systems, nach wel 
chem die Mittelpunkte aller Sphären mit 
der Erde zusammenfallen. Als man nach 
her auch die Veränderlichkeit der schein 
baren Durchmesser der Sonne und des 
Mondes erkannte, wurden die Schwierig 
keiten noch größer, und Sosigenes, der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.