Full text: Lexikon der Astronomie

246 Kalender (Festrechnung). 
chen Teilen der Schweiz, nämlich 1760 
im Val di Poschiavo (Puschlav), 1784 in 
Chur, Thusis, Flims, Engadin und Ber- 
gell sowie endlich 1798 in Außer-Roden, 
Glarus und dem noch übrigen Teil von 
Bünden; ja, in Süs mußte dieselbe noch 
1811 durch Androhung von Straftruppen 
erzwungen werden. Gegenwärtig ist der 
Julianische K. nur noch bei den Russen, 
Griechen und den Slawen griechisch-katho 
lischer Konfession sowie bei den moham 
medanischen Wüstenbewohnern von Fez- 
zan, Tuat rc. im Gebrauch. 
Im 16. und 17. Jahrh, war der neue 
K. um zehn Tage vor dem Julianischen 
voraus. Das Jahr 1600 führte keine Ver 
änderung herbei, da dasselbe in beiden Ka 
lendern ein Schaltjahr war. Aber 1700 
und ebenso 1800 wuchs die Differenz ilm 
einen Tag, da diese Jahre im alten, nicht 
aber im neuen K. Schaltjahre waren. Im 
vorigen Jahrhundert war demnach der 
neue K. oder, wie man auch sagt, der neue 
Stil dem alten um 11 Tage, und jetzt ist 
er ihm um 12 Tage voraus; von 1900— 
2100 wird die Differenz 13 Tage betragen. 
Will man beide Angaben zugleich nieder 
schreiben, so setzt man die Gregorianische 
über die Julianische, z. B.: ^ Juni. 
Als Anfang des Jahrs ist gegenwärtig 
in der Christenheit ziemlich allgemein der 
1. Jan. üblich, der uns von den Römern 
überkommen ist. Neben diesem waren aber 
im Mittelalter noch andre Anfangstage 
gebräuchlich, so namentlich der Geburts 
tag Christi, 25. Dez., dessen sich die deut 
schen Kaiser noch bis in die zweite Hälfte 
des 16. Jahrh, in ihren Urkunden zu die 
sem Zweck bedienten. In Frankreich zählte 
man bis 1556 häufig vom Osterfest an; 
noch länger, nämlich in England bis 
1752, war der 26. März als Jahresan 
fang üblich. Als auf Lord Chester 
fields Antrag vom englischen Parla 
ment eine Bill angenommen wurde, der 
zufolge das Jahr 1752 bereits mit I.Jan., 
nicht erst 26. März anfangen, und daß in 
demselben Jahr die elf Tage vom 3.—13. 
Sept. ausfallen sollten, fügte sich ein 
großer Teil der Bevölkerung nur wider 
willig, und der Urheber der Bill wurde 
vielfach vom gemeinen Volk mit dem Ge 
schrei verfolgt: »Gib uns unsre drei Mo 
nate wieder!« 
Gegenwärtig fangen die Kopten das 
Jahr noch mit dem letzten August, die 
Nestorianer und Jakobiten mit 1. Okt. 
des Julianischen Kalenders an. In Ruß 
land war bis zum vorigen Jahrhundert 
der 1. Sept. Jahresanfang. 
Von Wichtigkeit ist in unserm K. die 
Bestimmung der Festtage. Diese sind teils 
feste, die auf ein bestimmtes Datum fallen, 
wie Weihnachten auf 25. Dez., Johannis 
fest auf 24. Juni rc., teils bewegliche. 
Letztere richten sich sämtlich nach dem 
Osterfest, über dessen Berechnung der Ar 
tikel »Osterrechnung« das Nötige enthält. 
Den bei dieser Berechnung mit zu be 
nutzenden Sonntagsbuchstaben und die 
Goldne Zahl sowie die Römerzinszahl 
nennt man chronologische Merkmale 
des Jahrs; sie wurden in früherer Zeit 
öfters in Urkunden zur nähern Bezeich 
nung des Jahrs benutzt. Vgl. Sonntags 
buchstabe , Mondcyklus, Jndiktionen - Cyklus. 
Bezüglich der an das Osterfest geknüpf 
ten beweglichen Festtage mag zunächst 
bemerkt werden, daß der Cyklus der 
selben mit dem neunten Sonntag vor 
Ostern beginnt, der d en Namen Septua 
gésima (Dominica in septuagésima) 
führt, dann folgen Sexagésima und 
Quinquagesima oder Eftomihi; 
darauf die' Fastensonntage: Invola - 
vit, Reminiscere, Okuli, Lätare, 
Judika und der Palmsonntag. 
Nach Ostern folgen die sechs Sonntage: 
Quasimodogeniti, Misericordias 
Domini, Jubilate, Kantate, Ro 
gate und Eraudi; der nächste Sonntag 
ist der Pfingstsonntag. Auf den Don 
nerstag zwischen Rogate und Eraudi fällt 
das Himmelfahrtsfest. Der Sonntag nach 
Pfingsten ist das Trinitatisfest, den 
nächstfolgenden Sonntag feiern die Katho 
liken das Fronleichnamsfest. 
Eine vorübergehende Erscheinung bil 
dete der durch Dekret des Nationalkon 
vents vom 24. Nov. 1793 eingeführte 
französisch-republikanische K., der 
mit dem Herbstäquinoktium 1792 begann. 
Das Jahr erhielt zwölf Monate:
	        
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