Kometen (physische Beschaffenheit).
265
man drei Bestandteile ilnterscheiden: den
Kern, den dieselbe umgebende Nebelhülle,
die man den Kopf oder auch die Koma
nennt, und den Schweif. Die schwächern,
nur im Fernrohr wahrnehmbaren K. be
stehen vielfach nur aus dem Kopf, der das
Aussehen einer lichten Wolke, meist von
runder Form, hat und ganz einem Nebel
fleckgleicht. An schcinbaremÜmfang erreicht
derKopf meistens bei weitem nicht dieGröße
des Mondes; bei der großen Entfernung
aber, in der die K. gewöhnlich von uns
stehen, entspricht dem eine ganz bedeutende
wirkliche Größe, z. B. über 550,000 km
Durchmesser bei dem Halleyschen K. 1836
unb 1,800,000 km bei dem großen von
181 l (Nr. 22 des Verzeichnisses).
Schon Hevel hat gelegentlich des K.
voir 1618 darauf aufmerksam gemacht,
daß die Nebelhülle des Kopfes mit der An
näherung an die Sonne kleiner wird, nach
her aber wieder zunimmt, und später hat
Balz an dem Enckeschen dieselbe Wahr
nehmung gemacht. An diesem K. ist die
gleiche Erscheinung auch bei seinen spätern
Zurückkünften zum Perihel wieder beob
achtet worden. So betrug nach Schmidt
der Durchmesser des K. vor seinem Perihel
durchgang 29. Dez. 1871:
am 11. Nov. 34,ii Erdhalbmeffer,
- 30. - 26,ss
- 7. Dez. 20,75
Unter dem Kern des K. versteht man eine
puuktartige, hinlänglich scharf begrenzte
helle Stelle im Innern des Kopfes. Eine
solche ist nicht immer vorhanden, steht
nicht immer in der Mitte, und bisweilen
sind auch mehrere kernartige Verdichtungen
bemerkt worden. Obgleich uns die Kerne
Punktartig erscheinen, so haben sie doch
recht ansehnliche wirkliche Größe; es be
trug z. B. der Durchmesser des KeruS bei
dem großen K. von 1811: 4000 km, bei
dem Donatischen von 1858 (Nr. 213) aber
kaum 1000 km, und der große Komet von
1862 hatte nach Winncckes Angabe 14.
Aug. einen Kern von höchstens 40—50
km. Ebenso verschieden wie die Größe ist
die Form und Helligkeit derKerne; letztere
ist bei einzelnen so bedeutend gewesen, daß
sie selbst bei hellem Sonnenschein mit
bloßem Auge gesehen worden sind; so bei
den großen K. von 1843 und 1853 (Nr.
161 und 196).
Die ausfallendste Erscheinung an den
K. sind aber die Schweife, von den
Chinesen »Besen« genannt, welche in
dessen, wie bereits erwähnt, nicht allen
K. eigen sind und sich überhaupt erst ent
wickeln, wenn die K.sich in ihrer Bahn der
Sonne nähern. ES zeigt sich dann zuerst
an der der Sonne abgewendeten Seite
der Nebelhülle eine Verlängerung, die
mehr und mehr anwächst. Die von der
Sonne abgewendete Richtung der Kome
tenschweife hat schon Seneca mit der Be
merkung angedeutet, daß die Schweife die
Sonne fliehen, und auch in chinesischen
Quellen wird bei Gelegenheit des März-
kometen von 837 diese Regel erwähnt.
In der neuern Zeit haben zuerst der ita
lienische Arzt Fra castoro und derJngol-
städter Profesior Petrus Apianus au
dem K. von 1531 diese Wahrnehmung
gemacht. Übrigens weichen die Schweife
oft beträchtlich von der Verlängerung des
Leitstrahls ab, und nicht selten zeigen sic
eine gekrümmte Gestalt.
Manche K. besitzen zwei Schweife, und in
seltenen Fällen sind noch mehr beobachtet
worden. So zeigte der Donatische Komet
von 1858 und 1859 außer seinem gewalti
gen gekrümmten Schweis noch einen schwa
chen, sehr schmalen, geradlinigen Schweif.
Unter den lichtschwächern K. ist in dieser
Hinsicht der Winneckejche Komet von 1877
bemerkenswert, welcher im April und der
ersten Hälfte des Mai dem bloßen Auge,
wenn auch nur als ganz schwaches Objekt,
sichtbar war. Derselbe hatte nämlich zwei
Schweife, die einen Winkel von etwa 60"
miteinander einschlössen, und zwischen de
nen die Schwcifmaterie eine fächerförmige
Ausbreitung zeigte. Der große Komet von
1744, welcher auch amTage gesehen wurde,
ließ sogar 7. und 8. März sechs fächerför
mig geordnete, etwa 4° breite und 30 bis
40" lange Schweife erkennen, zwischen de
nen der Himmel völlig dunkel erschien.
Der Schweif ist immer weniger hell als
Kopf und Kern; in der Regel sind auch
seine Ränder heller als die Mittellinien,
wie bei einem durchsichtigen hohlen Cylin
der, und bisweilen ist die mittlere Partie