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Kometen (Theorie Schiaparellis).
Hangs zwischen gewissen K. und
den periodischen Sternschnuppen
schwärmen. Einen solchen Zusammen
hang hat schon Mörstadt 1837 vermu
tet, und der 1851 Verstorbene Breslauer
Professor v. Boguslawski hat in einer
Schrift über den K. von 1843 die gleiche
Idee weiterentwickelt. Wie im Artikel
»Sternschnuppen« näher angegeben, hat
nämlich das massenhafte Auftreten von
Sternschnuppen zu gewissen Zeiten des
Jahrs, insbesondere um Mitte des August
und November, zu der Annahme geführt,
daß mehrere Ringe solcher Körper um die
Sonne kreisen, und daß allemal, wenn
unsre Erde einen solchen Ring durch
schneidet, die in unsre Atmosphäre ge
langenden Meteore uns sichtbar werden.
Der Mailänder Astronom Schiaparelli
berechnete nun für den Strom der August
sternschnuppen, der sogen. Perseiden, eine
parabolische Bahn, deren Elemente eine
so merkwürdige Übereinstimmung mit der
jenigen des dritten K. von 1862 zeigten,
daß Schiaparelli daraus auf eine Identi
tät beider Erscheinungen schloß. Diese
Vermutung fand bald Bestätigung, indem
Leverrier für den Sternschnuppen
schwarm des Novembers 1866 eine sehr
lang gestreckt elliptische Bahn fand, auf
deren auffällige Übereinstimmung mit der
Bahn des Tempelschen K. von 1866 zuerst
Peters in Altona aufmerksam machte.
War es hierdurch wahrscheinlich gemacht,
daß die unter den Namen der Perseiden
und Lyraiden bekannten Sternschnuppen
ströme in engem Zusammenhang stehen
mit zwei K., so machten es die Untersu
chungen von Weiß in Wien und d'Ar-
rest in Kopenhagen wahrscheinlich, daß
auch der Sternschnuppenschwarm, der
früher Anfang Dezember, jetzt gegen
Ende November beobachtet wird, seine
Entstehung einem K. verdankt, nämlich
dem Bieläschen, und diese Vermutung
fand sehr rasch eine glänzende Bestätigung.
Nach der Berechnung von Michez sollte
nämlich dieser Komet 6. Okt. 1872 durch
sein Perihel gehen, er konnte aber damals
nicht aufgefunden werden. Dagegen trat
ganz unerwartet 27. Nov. um me Zeit,
als die Erde durch den absteigenden Kno
ten des K. ging, ein äußerst prachtvoller
Sternschnuppenfall auf, der nicht nur in
Europa, sondern auch anderwärts durch
die Großartigkeit seiner Erscheinung aus
fiel. An manchen Orten wurden 100 und
mehr Meteore in einer Minute beobachtet,
und merkwürdigerweise erschien als ihr
Ausgangspunkt der Stern y in der An
dromeda, der in Richtung der Tangente
der Bahn des Bielaschen K. lag. Alle diese
Umstände wiesen deutlich darauf hin, daß
wir in den Sternschnuppen jener Nacht
zerstreute Teile des Bielaschen K. beobach
tet hatten, und der Astronom Klinker-
fues in Göttingen kam deshalb auf den
Gedanken, daß der Komet, nachdem die
Erde durch ihn hindurchgegangen, an
der dem erwähnten Radiationspunkt ent
gegengesetzten Stelle des Himmels sichtbar
werden müsse. Da dieser Punkt auf der
südlichen Hemisphäre lag, so forderte er
30. Nov. telegraphisch den Astronomen
Pogson in Madras zu einer Durchsu
chung dieser Stelle auf, und in der Nacht
vom 2. zum 3. Dez. gelang es diesem in der
That, dort einen kleinen K. zu entdecken.
Regenwetter und späterhin Mondschein
verhinderten leider die weitere Beobachtung
desselben. Damit schien der Bielasche Ko
met glücklich wieder gefunden zu sein; in
dessen haben spätere Untersuchungen die
Identität des beobachteten mit dem Biela
schen K. doch wieder zweifelhaft gemacht.
13) Kann nach dem eben Erwähnten
auch nicht mehr an dem Zusammenhang
mancher Sternschnuppenschwärme mit
K. gezweifelt werden, so sind damit doch
die mancherlei Erscheinungen, die wir an
den K. beobachten, noch nicht erklärt. Na
mentlich gilt dies von der Entwickelung
der Kometenschweife und der öfters be
merkten Krümmung derselben in der Nähe
des Perihelö, von der Bildung konzentri
scher Dunsthüllen am Kopf, von der Kon
traktion des Kopfes in der Nähe des Peri-
hels und von den am Halleyschen und
andern K. beobachteten Ausströmungen
und ihren Oszillationen. Diesen verschie
denen Umständen sucht nun Zöllner
Rechnung zu tragen bei seiner Theorie,
die er in der Schrift Ȇber die Natur der
K.« (1872) entwickelt hat.