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Länge.
den elektrischen Ströme immer von glei
cher Stärke sind. Es ist nämlich die Träg
heit der Apparate außer von deren Be
schaffenheit namentlich von der Strom
stärke abhängig. Schließlich nimmt man
aus den verschiedenen beobachteten Zeit-
differenzen das arithmetische Mittel.
Man reicht mit einer einzigen Uhr aus,
die an der ersten Station aufgestellt sein
mag, wenn man an beiden Stationen am
Passageinstrument die Durchgänge einer
Anzahl bestimmter Sterne beobachtet und
die Zeitpunkte dieser Durchgänge von
einem auf der ersten Station befindlichen
Chronographen ls. d.) aufzeichnen läßt.
Auf dem Papierstreifen dieses Chrono
graphen findet man dann dreierlei Auf
zeichnungen: zunächst die Punkte, welche
den Schlägen der Sekundenuhr entspre
chen, auf beiden Seiten von diesen aber
diejenigen Punkte, welche die Momente
des Durchgangs der Sterne durch den
Meridian der ersten und der zweiten Sta
tion bezeichnen. Der Zeitunterschied zwi
schen den entsprechenden Signalen der
letztern beiden Reihen ist die gesuchte
Längendifferenz. Da die persönliche Glei
chung (f. b.) bei den beiden Beobachtern
nicht dieselbe sein wird, so vertauschen die
Beobachter nach Vollendung einer Beobach
tungsreihe ihre Stationen. Nimmt man
dann aus den verschiedenen Bestimmungen
das arithmetische Mittel, so heben sich in
denselben die persönlichen Fehler auf, weil
sie bei Vertauschung der Beobachtungssta-
tionen in entgegengesetztem Sinn wirken.
Die Idee, den elektrischen Telegraphen
zu Längenbestimmungen zu benutzen,rührt
von Gauß (1839) her; die ersten rohen
Versuche wurden aber erst 1844 in Nord
amerika vom Kapitän Wilkes zwi
schen Washington und Baltimore ange
stellt, denen bald genauere von seiten der
Kommission der nordamerikanischen Kü
stenverwaltung folgten. In Europa wur
den zuerst von 1853 an zwischen Green
wich und Paris, Greenwich und Brüssel,
Berlin und Frankfurt a. M., Stockholm
und Upsala telegraphische Längenbestim
mungen ausgeführt. Nach Legung des
Kabels zwischen Irland und Nordamerika
wurde auch 1866 der Längenunterschied
zwischen Greenwich und Washington auf
diese Weise bestimmt und dafür der Wert
von 77° 3' 5.85" oder 5 Stund. 8 Min.
12,39 Sek. gefunden, welcher nur ganz
unbedeutend abweicht von dem Wert 5
Stund. 8 Min. 11,8 Sek., den man vor
her durch längere Zeit fortgesetzte Chrono
meterübertragungen mittels der englisch-
amerikanischenPostdampfererhalten hatte.
Seitdem sind namentlich auf Anlaß der
europäischen Gradmessung zahlreiche der
artige Bestimmungen ausgeführt worden,
unter andern 1878 die direkte Messung
der Längendifserenz zwischen Paris und
Berlin; die meisten dieser Bestimmungen
sind' bis auf V200 Zeitsekunde oder Vis
Bogensekunde genau.
4) Zur Bestimmung der Längendiffe-
renz zweier Orte der Erde verwendet man
ferner die Beobachtung von Ereignissen
am Himmel, die an verschiedenen Orten
allerdings zu verschiedenen Zeiten eintre
ten, die man aber auf denselben Zeitpunkt
reduzieren kann. Hierher gehören, abge
sehen von den seltener zu beobachtenden
Vorübergängen des Merkur und der Ve
nus vor der Sonnenscheibe, besonders die
Bedeckungen von Planeten und
Fixsternen durch den Mond sowie
die Sonnenfinsternisse. Der Grund,
weshalb diese Ereignisse nicht an allen
Orten genau in demselben Moment ein
treten, liegt in der Parallare der be
treffenden Himmelskörper, insbesondere
des Mondes (s. Parallaxe». Man kann
aber, wenn der Augenblick des Eintritts
einer solchen Erscheinung an einem be
stimmten Ort beobachtet ist, daraus unter
Berücksichtigung des bekannten Werts der
Parallare und der Refraktion den Augen
blick berechnen, in welchem ein im Mittel
punkt der Erde befindlicher Beobachter das
Ereignis eintreten sehen würde. Ist nun
an zwei verschiedenen Orten der Eintritt
des Ereignisses nach der Ortsuhr beobach
tet worden, und hat man daraus den Mo
ment für den Erdmittelpunkt berechnet,
so wird man im allgemeinen zwei ver
schiedene Resultate erhalten, deren Unter
schied die gesuchte Längendifferenz ist.
5) Hierher gehört auch die Methode
der Monddistanzen, welche zuerst von