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Meridiankreis.
(Sírtn), der genau 10° westlich von Bag
dad angenommen und nach einem mathe
matischen Punkt auf dem Äquator, gleich
weit vom äußersten bekannten Osten und
Westen entfernt, benannt wurde. Im
16. Jahrh, legte Mercator (1512—94)
den ersten M. durch die azorische Insel
Corvo, wo damals die Magnetnadel ge
nau nach N. zeigte (ohne Deklination);
Hondius (1563 —1611) nahm als
solchen den durch die kapverdische Insel
Santiago gehenden an; bei spätern Geo
graphen berührt der erste M. den Ostrand
von Teneriffa. Ein 1630 von Richelieu
in Paris zusammcnberufener Kongreß
von Geographen und Mathematikern
schlug den durch die Westspitze von Ferro,
der westlichsten der Kanaren, gehenden
M. als ersten vor, und eine königliche
Ordonnanz vom 25. April 1634 verpflich
tete alle französischen Kartenzeichner zur
Annahme dieses ersten Meridians, der
auch anderwärts bei den Geographen
Eingang fand. Später wurde auf De-
lisles Vorschlag an seiner Stelle der M.
als erster angenommen, welcher genau
20° oder l h 20 m westlich von der Pariser
Sternwarte liegt, während der Westrand
von Ferro noch etwas weiter westlich liegt.
Dieser Delislesche erste M. ist es nun, von
welchem vielfach die deutschen Geographen
noch heutzutage die Längen zählen. Die
Astronomen legen den ersten M. gewöhn
lich durch eine bedeutendere Sternwarte,
und auch bei den Geographen ist seit dem
vorigen Jahrhundert auf dem Festland
von Europa der M. der Pariser Stern-
tvarte, in England und Slmerika aber der
jenige der Sternwarte zu Greenwich, 2°
20' 14" — 9 m 21 s westlich von Paris, in
Gebrauch gekommen.
Meridiankreis, ein Instrument, das
in Verbindung mit einer Uhr zur Bestim
mung der Kulminationszeiten und damit
der Rektaszensionen der Sterne dient und
zu gleicher Zeit die Kulminationshöhe an
einem geteilten Kreis mit der erforder
lichen Genauigkeit abzulesen gestattet, auö
der sich durch Subtraktion der Äquator
höhe die Deklination ergibt In ersterer
Hinsicht ersetzt der M. das Passageinstru
ment, welches neben ihm auch heute noch
im Gebrauch ist, und von dem es sich we
sentlich nur durch einen größern, sorgfäl
tiger und in kleinere Teile geteilten Kreis
unterscheidet, als der bloß zur Einstellung
des Fernrohrs dienende Kreis des Passage
instruments ist. In letzterer Beziehung
aber ist das Instrument an die Stelle der
früher üblichen Mauerquadranten und
Mauerkreise getreten. Wahrend früher
zwei verschiedene Beobachter thätig waren,
von denen der eine am Passageinstrument
die Durchgangszeit, der andre am Mauer
quadranten die Kulminationshöhe beob
achtete , können jetzt beide Beobachtungen
von einem Beobachter an demselben In
strument ausgeführt werden.
Den äußerst nahe liegenden Gedanken,
die Drehungsachse des Passageinstruments
mit einem Kreis zu versehen, der eine
genaue Slbleiung der Kulminationshöhen
gestattet, hat schon der Erfinder des Pas
sageinstruments, der dänische Astronom
Olaf Römer, nicht allein gefaßt, son
dern auch praktisch verwirklicht, wie aus
einem Brief hervorgeht, den er 15. Dez.
1700 an Leibniz richtete, welcher bezüg
lich des Baues und der Einrichtung einer
Sternwarte in Berlin seinen Rat erbeten
hatte. In diesem Brief macht er aus ein
Instrument aufmerksam, das seiner Mei
nung nach die Hauptausrüstung einer
jeden Sternwarte bilden sollte, und von
dem er weiterhin sagt, daß er acht Jahre
mit einem solchen gearbeitet. »Das In
strument«, so schreibt er, »besteht aus
einer 6 Fuß langen Meridianachse, dreh
bar um zwei Pole, welche auf festen Pfei
lern ruhen. Die Achse trägt in der Milte
einen fest angebrachten M. von 4—5 Fuß
Durchmesser mit einem 6—8 Fuß langen
TubuS, der bei Drehung um die Achse den
ganzen Meridian bis zu den Horizontal
punkten oder wenigstens bis auf 4—5°
Höhe durchläuft. Das Instrument muß
in einem Zimmer aufgestellt sein, dessen
Breite wenigstens der Distanz der Pfeiler
gleichkommt, dessen Länge 30 oder wenig
stens 25 Fuß und dessen Höhe nicht we
niger als 20 Fuß beträgt. Damit ferner
dem drehbaren Tubus der ganze Meridian
offen steht, so haben sowohl das Dach wie
die Wände eine durchgehende Spalte von