Full text: Lexikon der Astronomie

Meteorite. 
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5. Mai 1869. In andern Fällen werden die 
M. über eine größere Fläche ausgestreut, 
man hat es mit einem Steinregen zu 
thun; hierher gehören der Fall bei Aigle wie 
der von Pultusk. Letzterer ereignete sich 
am Abend des 30. Jan. 1868. An diesem 
Abend wurde in Ost- und Westpreußen, 
Polen und Schlesien, Böhmen und Mäh 
ren, ja bis nach Wernigerode am Harz 
eine große Feuerkugel bemerkt; aus den 
Beobachtungen in Breslau und Danzig 
ergibt sich, daß das erste Aufleuchten 23 
Meilen oberhalb eines zwischen den polni 
schen Städten Loczyca und Lowicz gelegenen 
Punktes stattfand, während der Endpunkt 
der Bahn 20 Meilen in horizontaler Rich 
tung davon entfernt südöstlich von Pul 
tusk in 5 Meilen Höhe lag. Diese ganze 
27 Meilen lange Bahn wurde in etiva 
6 Sekunden durchlaufen. Die Feuerkugel 
zersprang in leuchtende Funken, welche er 
loschen, ehe sie den Boden erreichten. Bald 
darauf hörte man einen anhaltenden Don 
ner. Aus dem zerspringenden Meteor wur 
den eine Menge Steine, wohl über 3000, 
auf einen elliptischen Raum von mehr als 
7,5 lein Länge und 2 Km Breite zerstreut, 
wobei die schwersten, von durchschnittlich 
IV2—2 kg Gewicht, am weitesten nach 
vorn lagen. 
Die Größe der M. ist sehr verschieden. 
Namentlich sind große Eisenmassen be 
kannt, die durch ihre Zusammensetzung 
sich als M. kundgeben. So entdeckte 
Nordenskjöld aus seiner Reise nach 
Grönland 1870 bei Ovifak im südlichen 
Teil der Insel Disko auf einer Fläche 
von nicht über 50 gm, mitten unter Gra 
nit- und Gneisblöcken, 15 Blöcke meteo 
risches Eisen, von denen zwei im Gewicht 
von 20,000 und 4300 kg nach Stockholm 
geschafft wurden, während ein dritter von 
850Ö kg nebst einer Anzahl kleinerer 
nach Kopenhagen gekommen sind. In der 
Nähe von Otumpa im Chaco (in den La 
Plata-Staaten) liegt eine gegen7Fuß lange 
Masse von Meteoreisen, deren Gewicht aus 
15,000 kg geschätzt wird. Sie ist genauer 
bekannt, weil die Spanier in ihr das Aus 
gehende eines Silbergangs vermuteten, 
weshalb 1783 eine besondere Expedition 
unter Don Rubi de Calis dahin abge 
sandt wurde um Minen anzulegen und 
eine Kolonie zu gründen. » Ebenso liegen 
in Mexiko im Thal von Toluco zahlreiche, 
zum Teil beträchtliche Meteoreisenmassen. 
Auch die berühmte Pallassche Masse hat 
ein Gewicht von 635 kg. Dieselbe wurde 
1750 in.Sibirien auf einem Hügel in der 
Nähe des Jenissei vom Mineninspektor 
M e t t i ch aufgefunden. DieTataren glaub 
ten, sie sei vom Himmel gefallen. Sie wurde 
1772 nach Petersburg gebracht und dort 
von dem berühmten Reisenden Pallas 
untersucht und beschrieben. Es zeigte sich 
dabei, daß sie ans einem schwammartigen 
Skelett von Meteoreisen besteht, dessen 
Hohlräume mit Olivin erfüllt sind. Die 
meisten M. sind aber viel kleiner, ja außer 
den eigentlichen Meteoriten scheinen auch 
noch eigentliche Staubmassen vorzukom 
men, die aus dem Weltraum stamnren 
und vielleicht bei der Explosion und teil 
weisen Verbrennung der größern Massen 
gebildet werden und oas Substrat der leuch 
tenden Schweife bilden, die wir bei vielen 
Feuerkugeln beobachten. 
Dieser Meteorstaub, auf den zuerst 
der als Naturforscher vielseitig verdiente 
Freiherr Karl v. Reichenbach auf 
merksam gemacht hat, darf nicht mit dem 
sogen. Pas sät staub verwechselt werden, 
der in den verschiedensten Gegenden vor 
kommt, namentlich aber an der Westküste 
des tropischen Afrika zwischen Kap Bojador 
und Kap Blanco eine so häufige Erschei 
nung ist, daß man wegen der durch ihn 
verursachten Trübung der Luft dem dorti 
gen Meer den Namen »Dunkelmeer« oder 
»Meer der Finsternisse« gegeben hat. Die 
ser zimt- und blutfarbige Staub ist, wie 
Ehrenberg dargethan hat, terrestrischen 
Ursprungs: die allenthalben von der Erd 
oberfläche emporgehobenen Staubmassen 
senken sich bisweilen in schweren Wolken 
nieder, gestalten sich bei dem Durchgang 
durch verschiedene Luftschichten zu Wirbeln 
und erreichen endlich den Boden. Solche 
Staubfälle, die sporadisch auch in Deutsch 
land vorkommen, sind seit alten Zeiten 
unter dem Namen »Blutregen« bekannt. 
Bisweilen sind diese Blutregenfälle aller 
dings von Feuerkugeln begleitet gewesen; 
aber der Zusammenhang ist dann wohl
	        
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