Full text: Lexikon der Astronomie

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Astrologie (Kirchenväter, Araber, Neuzeit). 
Ansehen die A. damals stand, daS bezeugt 
insbesondere der heil. Augustin (354— 
430), der selbst bekennt, diesen Aberglau 
ben früher sehr hoch gehalten zu haben. 
Aus dem 4. Jahrh, stammt die noch erhal 
tene Schrift des Sizilianers Firmicuö 
Maternus: »Acht Bücher Astronomie«, 
die als das umfangreichste Werk der an- 
tikenA. zu bezeichnen ist. In dieser Schrift 
finden wir zuerst die Lehre von den zwölf 
Himmelshäusern, die bis in die neueste 
Zeit in den astrologischen Schriften eine 
so große Rolle gespielt haben. Auch gibt 
Firmicus, um die Glaubwürdigkeit der 
astrologischen Prophezeiungen zu erweisen, 
die Nativitäten (Geniture») des Ödipus, 
Paris, Demosthenes, Hermodor, Hpmer, 
Platon, Pindar, Archilochoö, Archimedes 
und TherfiteS, die natürlich in Wahrheit 
nicht auf sicherer Tradition beruhen, son 
dern nachträglich erdacht sind. 
Eifrige Gegner der A.waren die christ 
lichen Kirchenväter, die den Fatalis 
ums, welcher in den Konstellationen der 
Gestirne die bedingenden Ursachen für daS 
menschliche Handeln und das menschliche 
Schicksal sah, als mit der menschlichen 
Freiheit unverträglich verwarfen. Und 
doch glaubte Origeneö, der besondere 
Energie in der Bekämpfung der A. ent 
wickelte, selbst an einen Einfluß der Ge 
stirne auf das menschliche Geschick; nur 
hielt er den Menschen für unfähig, die 
von Gotteö Hand am Himmel sichtbaren 
Hieroglyphen zu entziffern, was nur 
Hähern Geistern im Jenseits möglich sei. 
Kein Wunder, daß auch einige christliche 
Sekten, wie die Gnostiker und Priscillia- 
uisten, astrologische Spekulationen in ihr 
Glaubensbekenntnis mischten. Auch die 
philosophische Richtung des Neuplatonis- 
muö war der A. günstig, und namentlich 
stand dieselbe bei manchen der spätern 
Vertreter desselben in großem Ansehen. 
Hierher gehört der als mathematischer 
Kommentator bekannte Proklos Dia- 
d ochos (geb. 410 zu Konstantinopel, gest. 
485), welcher uns eine noch erhaltene 
Überarbeitung des erwähnten »Tetrabi- 
blos« hinterlassen hat. Von seinem Schü- 
lerMarinus besitzen wir eine Biographie 
des Lehrers mit genauer Nativität des 
selben, vielleicht der einzigen echten, welche 
uns aus dem Altertum hinterlassen ist. 
Sorgfältige Pflege widmeten die Ara 
ber und die jüdischen Kabbalisten der A., 
die von ihnen zu einem förmlichen System 
ausgebildet wurde. Besonders berühmte 
Autoritäten sind Abu Maschar aus 
Bath in Chorasan im 9. Jahrh, und 
Aboazen Hali im 13. Jahrh., deren 
Werke auch im christlichen Abendland hohes 
Ansehen genossen. Bei den christlichen 
Völkern kam die A. namentlich im 14.u. 
15. Jahrh, zu hoher Blüte; an den Höfen 
der Herrscher waren die Hofastrologen von 
großem Ansehen, ohne ihren Rat wurde 
nichts unternommen, und selbst ein so auf 
geklärter und freigeistiger Fürst wie der 
Hohenstaufe Friedrich Ü. war ein eifriger 
Anhänger der A. An den ältesten Uni 
versitäten, in Bologna und Padua, wurde 
der Lehrstuhl der Ä. als einer der wichtig 
sten betrachtet. Obschon am Ende des 15. 
Jahrh, der italienische Reformator Savo- 
narola (geb. 21. Sept. 1452 zu Ferrara, 
23. Mai 1498 in Florenz verbrannt) und 
der philosophisch gebildete Graf Pico von 
Mirandola gegen die A. auftraten, feierte 
dieselbe doch noch im folgenden, ja selbst 
im 17. Jahrh, ihre Triumphe. Besonders 
berühmt war im 16. Jahrh, der Astrolog 
Nostradamus (geb. 14. Dez. 1503 zu 
St. Remy in der Provence, gest. 2. Juli 
1566 zu Salon), der durch Katharina von 
Medici an den französischen Hof gezogen 
und von Karl IX. zum Leibarzt ernannt 
wurde, dessen Prophezeiungen jahrhun 
dertelang gläubig gelesen und noch 1781 
vom Papst verboten wurden. Übrigens 
fanden sich Anhänger der A. unter den 
Protestanten wie unter den Katholiken, 
und auch Melanchthon huldigte diesem 
Aberglauben. Ja selbst unser großer Astro 
nom Kepler hatte noch nicht vollständig 
mit demselben gebrochen; nicht nur, daß 
er notgedrungen, des Broterwerbs halber, 
Nativitäten stellte, wobei er sich den Ruhm 
eines äußerst geschickten Astrologen er 
warb, sondern er nahm die A. auch gegen 
Angriffe andrer in Schutz, wie unter an 
ders» die 1610 von ihm veröffentlichte 
Schrift beweist: »Tertius interveniens, 
das ist, Warnung an etliche 11ieologo8,
	        
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