Sonne (Korona, Protuberanzen).
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Außer der elfjährigen Periode scheinen
noch eine oder mehrere Perioden von
längerer Dauer in der Häufigkeit der
Sonnenflecke zu bestehen. Wolf nahm
früher eine solche Periode von 5b,55 Jah
ren an, neuerdings ist er aber geneigt,
ihr eine Länge von 178 Jahren (16 mitt
lern Fleckenperioden, 15 Jupiter- oder
6 Saturnusumläufen) beizulegen, der sich
vielleicht auch die aus obiger Tabelle er
kennbare, alle 80—90 Jahre eintretende
kurze Periode anschließen würde. Auch
eine Periode von 70 Jahren hat man ver
mutet.
10) Wir kommen nun znr Besprechung
der Erscheinungen, die man in der Um
gebung der S. während der Dauer totaler
Finsternisse wahrnimmt. Verfolgt man
während des Fortschreitens einer totalen
Sonnenfinsternis die beständig abneh
mende Mondsichel mit demFernrohr, so be
merkt man keine besondere Eigentümlich
keit ; doch deutet die Thatsache, daß man den
Moudrand noch weit über die Sonnen
scheibe hinaus verfolgen kann, darauf hin,
daß die nächste Umgebung der Sonnen
scheibe nicht ganz dunkel ist. In dem
Augenblick aber, in welchem der letzte
Sonnenstrabl verschwindet, bietet sich ein
Anblick von unvergeßlicher Pracht dar:
rings um die tiefschwarze Mondscheibe ge
wahrt man einen in mildem Silberlicht
schimmernden Strahlenkranz, die sogen.
Korona. Dieselbe ist nicht kreisförmig,son
dern hat unregelmäßige Umrisse; bisweilen
ist sie eher quadratisch, und öfters zeigt sie
strahlenartige Hervorragungen. Am hell
sten ist sie dicht am Mondrand, weiterhin
nimmt sie an Helligkeit ab. Ihre äußerste
Grenze ist schwer ;u bestimmen, man hat
sie aber schon bis 7*—7s° vom Mond
rand verfolgen können. Die Korona ist
schon seit längerer Zeit, mindestens seit
Anfang des vorigen Jahrhunderts be
kannt, wo Maraldi, Halley u. a. ihrer
gedenken.
Bei der totalen Sonnenfinsternis vom
8. Juli 1812 wurden nun innerhalb der
Korona auch noch zwei oder drei schein
bar am Rande der dunkeln Mondscheibe
wurzelnde Hervorragungen bemerkt, die
einige Beobachter mit rötlichen zackigen
Bergen, andre mit geröteten Eismassen,
noch andre mit unbeweglichen, gezahnten
roten Flammen verglichen. Trotz der
Verschiedenheit des Standorts und der
benutzten Fernrohre beobachteten Arago,
Laugier und Mauvaiö in Perpignan,
P e t it in Montpellier, A i r y aus der Su-
perga bei Turin, Schumacher in Wien
und andre Astronomen die Erscheinung in
den Hauptzügen übereinstimmend. Seit
dem achtete man nun bei allen totalen Son
nenfinsternissen mit besonderer Sorgfalt
auf diese sogen. Protuberanzen. Es
galt vor allen Dingen zu entscheiden, ob
dieselben zur S. gehören, wie Arago
glaubte, oder ob sie durch Wolken in un
srer Atmosphäre veranlaßt oder optische
Erscheinungen sind, die in der Beschaffen
heit des Mondrands ihre Erklärung fin
den. Bei der totalen Finsternis von 1850
wurden auch von Kuctzycki in Hono-
lolu vier solcher Protuberanzen beobachtet,
und bei der totalen Finsternis vom Som
mer 1851 wurden ähnliche Wahrneh
mungen von vielen Astronomen in Deutsch
land, Rußland und Schweden gemacht.
Ebenso wurden 1855 und 1858 in Ame
rika während totaler Finsternisse Protu
beranzen beobachtet. Noch wertvoller wa
ren die Beobachtungen, die man während
der totalen Sonnenfinsternis 18. Juli
1860 in Spanien anstellte, wo man zuerst
photographische Bilder der Protuberanzen
. erhielt. Durch die gute Übereinstimmung
der inDesierto de lasPalmaö vonSecchi
und in Riva bellosa von Warren de la
Rue gewonnenen Bilder war die Zuge
hörigkeit der Protuberanzen zur S. ziem
lich sichergestellt. Es sprach dafür auch
die durch Messungen nachgewiesene That
sache, daß im allgemeinen die Höhe der
Protuberanzen abnimmt auf der Seite,
nach welcher der Mond vorrückt, und zu
nimmt auf der entgegengesetzten. Damit
kamen dann auch die Stimmen derer zum
Schweigen, die, wie Professor v. Feilitzsch
in Greifswald, diese Hervorragungen für
bloß optische Erscheinungen erklärten.
11) Ein wesentlickerFortschritt auf die
sem Gebiet wurde gemacht, als man die
Protuberanzen auch zu andrer Zeit als
lvährend der kurzen Dauer einer totalen