Full text: Lexikon der Astronomie

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Sonne (Kirchhoffs Theorie). 
an Haufenwolken. Letztere sind Wasser 
stofsmassen , welche Magnesiumdämpse 
und andre Elemente enthalten und welche 
von der S. mit großer Geschwindigkeit 
(biö 250 km in der Sekunde) oft stun 
den- und selbst tagelang emporgeschleudcrt 
werden. 
Wenn man die Sonnenoberfläche, die 
Photosphäre, mit dem Spektroskop betrach 
tet, so müssen die von der erstern aus 
gehenden Strahlen durch die Chromo 
sphäre hindurchgehen und erleiden da 
durch eine Absorption (vgl. Spektrum); das 
an sich kontinuierliche Spektrum der 
Photosphäre wird dadurch in ein mit dun 
keln Linien durchsetztes Absorptionsspek 
trum verwandelt, und aus der Lage der 
selben, der sogen. Fraunhoferschen Linien, 
erkennt man die Stoffe, welche die Chromo- 
sphäre enthält. In den obern Regionen 
derselben herrscht Wasserstoff vor, tiefer 
unten aber befinden sich die Dämpfe zahl 
reicher Metalle, und hier ist es, wo haupt 
sächlich die Absorption stattfindet. Daß 
dies der Fall ist, dafür hat der amerika 
nische Astronom P oun g bei der Sonnen- 
flnsternis vom 22. Dez. 1870 in Spanien 
einen direkten Beweis erlangt; er sah 
nämlich im Augenblick des Verschwindens 
der letzten Sonnenstrahlen, als die Basis 
der Chromosphäre momentan sichtbar war, 
das Spektrum umgekehrt, d. h. die Fraun 
hoferschen Linien erschienen hell auf dunk- 
lerm Grunde. Durch Vergleichung der 
Spektren der Dämpfe bekannter Elemente 
mit demSonnenspektrum ist es K i r ch h o f f 
u. a. gelungen, die Existenz einer großen 
Menge bekannter Stoffe im dampfförmi 
gen Zustand in der Chromosphäre nach 
zuweisen. Wir wissen jetzt, daß Alumi 
nium, Eisen, Mangan, Kupfer, Zink, 
Barium, Silicium, Kalium, Strontium, 
Kadmium, Natrium, Uran, Palladium, 
Molybdän, Indium, Lithium, Rubidium, 
Calcium, Wismut, Zinn, Titan und 
Wasserstoff auf der S. vorhanden sind. 
In neuerer Zeit hat der Amerikaner 
Dr aper auch Sauerstoff geglaubt nach 
gewiesen zu haben durch das Auftreten 
Heller Linien in der Photographie des Son 
nenspektrums; nach Vogel ist aber diese 
Entdeckung sehr zweifelhaft, indem die 
hellen Linien wahrscheinlich nur Zwischen 
räume zwischen zarten dunkeln Linien sind. 
Was nun die Beschaffenheit deö eigent 
lichen Sonnenkörpers anlangt, der für 
sich allein ein konünuierlicheS Spektrum 
gibt, so hält es Kirchhofs für das Wahr 
scheinlichste, daß die S. aus einem festen 
oder tropfbar-flüssigen, in der höchsten 
Glühhitze befindlichen Kern besteht, der 
umgeben ist von einer Atmosphäre von 
etwas niedrigerer Temperatur. Lokale 
Temperaturerniedrigungen in dieser At 
mosphäre geben, ähnlich wie in der unsri- 
gen, Anlaß zur Bildung von Wolken. 
Jede solche Wolke bewirkt aber, weil sie 
die vom Zentralkörper kommenden Strah 
len zum Teil auffängt, eine Abkühlung der 
darüberliegenden Schichten, die um so be 
deutender ist, je größer und dichter die 
Wolke ist. Die Wolke wächst infolge davon 
mit beschleunigterGeschwindigkeit von oben 
her und wird kälter; ihre Temperatur sinkt 
unter die Glühhitze, sie wird undurchsichtig 
und bildet den Kern eines Sonnenflecks. 
Aber auch noch in beträchtlicher Höhe über 
dieser Wolke verursacht dieselbe eine Tem 
peraturerniedrigung, und wenn durch die 
selbe oder durch Zusammentreffen zweier 
Luftströme die Dämpfe ihrem Kondensa 
tionspunkt nahegebracht werden, so bil 
det sich eine zweite Wolke, die weniger 
dicht ist als die erste, weil in der Höhe, 
der geringern Temperatur wegen, die 
Dichte der vorhandenen Dämpfe kleiner 
ist als in der Tiefe, und die, teilweise 
durchsichtig, den Halbschatten bildet, wenn 
sie eine hinreichende Ausdehnung gewon 
nen hat. Durch diese beiden übereinan 
der liegenden Wolken erklärt sich nun un 
gezwungen das von Wilson beobachtete, 
übrigens keineswegs allgemeine Phäno 
men, daß bei Flecken, die nicht im Zen 
trum der S. stehen, der nach dem Rand 
zu liegende Teil des Hofs am breitesten 
erscheint; denn die in größerer Höhe ge 
legene Wolke muß bei seitlicher Stellung 
dem Rande der Sonnenscheibe näher er 
scheinen als die darunterliegende. Die 
Erscheinung, daß die Penumbra da, wo 
sie an den Kern grenzt, am hellsten ist, 
dürfte nach Kirchhofs eine Folge davon 
sein, daß die obere Wolke in ihrer Mitte
	        
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