Full text: Lexikon der Astronomie

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Sonne (Zöllners Theorie). 
sehr dünn ist, während ihre Masse haupt 
sächlich an den Rändern sich anhäuft. Die 
Abkühlung, welche über der Wolke dadurch 
eintritt, daß dieselbe die Strahlen des 
Sonnenkörpcrs teilweise abhält, bewirkt 
hier einen niedersteigenden Luftstrom. 
Die Luft, die dadurch aus größer» Höhen 
der Atmosphäre fortgeführt wird, muß 
ersetzt werden, was durch einen aufsteigen 
den Luftstrom rings um die Wolke ge 
schieht. In letzterer selbst werden beide 
Ströme ineinander übergehen, so daß die 
selbe das Veit horizontaler, von innen 
nach außen verlaufender Strömungen 
wird. Diese Strömungen, die infolge der 
enormen Tcnlpcralurdijserenzen, denen sie 
ihren Ursprung verdanken, wohl die stärk 
sten irdischen Orkane unendlich übertreffen, 
müssen die Wolkcnmassen mit sich fort 
reißen und so die Wolke in der Mitte 
dünner, am Rande dagegen dicker machen. 
Solche zentrifugale Lnstslröme werden auch 
durch die dunkeln, nach außen zu breiter 
werdenden Streifen angedeutet, die man 
in den Penumbren beobacktet. Die merk 
würdige Erscheinung, daß die Sonnen 
stecke vorzugsweise innerhalb gewisser 
Entfernungen vom Äquator auftreten, 
sucht Kirchhofs durch atmosphärische 
Strömungen ähnlich dem untern und 
obern Passat aus der Erde zu erklären, wo 
bei er sich auf den von Secch i aus seinen 
Beobachtungen abgeleiteten, durch neuere 
Untersuchungen von Langley allerdings 
nicht bestätigten Satz beruft, daß die Po 
largegenden der S. eine niedrigere Tem 
peratur besitzen als die äquatorialen Re 
gionen. Sonnenfackeln oder Lichtadern 
müssen entstehen, wenn an der Oberfläche 
der S. Körper sichtbar werden, welche ein 
größeres Ausstrahlungsvermögen oder eine 
höhere Temperatur als ihre Umgebung 
besitzen. Daß Fackeln und Flecke oft nahe 
bei einander auftreten, deutet vielleicht an, 
daß die Fackeln zur Bildung von Wolken 
in ihrer Nähe Veranlassung geben dadurch, 
daß sie Temperaturverschiedenheiten und 
infolge davon Strömungen in der Atmo 
sphäre erregen, durch welche Schichten von 
verschiedener Zusammensetzung und ver 
schiedener Temperatur in Berührung 
kommen; es ist aber auch denkbar, daß die 
Astronomie. 
Wolken die Bildung der Fackeln begünsti 
gen, indem sie als schützende Decke die 
Ausstrahlung der darunter liegenden Teile 
der Oberfläche des Sonneukörpers schwä 
chen und so bewirken, daß die fortwährend 
aus dem Innern ausströmende Wärme 
eine Temperaturerhöhung hervorbringt. 
Diese von Kii ^)hoff 1861 aufge 
stellte Theorie ist on Zöllner mehrfach 
modifiziert worden. Derselbe hat seine 
Theorie entwickelt in drei Abhandlungen, 
die in den Berichten der Königlich Sächsi 
schen Gesellschaft der Wissenschaften, ma 
thematisch-physikalische Klasse, 1870 und 
1871 veröffentlicht sind (»Über die Tempe 
ratur und physische Beschaffenheit derS.«, 
»Über die Periodizität und Heliographische 
Verteilung der Sonnenflecke«, »Das Ro- 
tationsgcsetz der S. und der großen Pla 
neten«). Nach Zöllners Ansicht besteht 
die S. aus einer nicht zusammendrückbaren 
Flüssigkeit, in welcher nahe an der Ober 
fläche lokale Ansammlungen von glühen 
den Wasserstoffmassen stattfinden, welche 
bei entsprechenden Druckdifferenzen aus 
blasenartigen Hohlräumen als Eruptions 
protuberanzen hervorbrechen. Aus der Ge 
schwindigkeit des Anfsteigens der Wasser 
stofseruptionen berechnet Zöllner nach den 
Formeln der mechanischen Wärmetheorie 
denUnterschied der Temperatur auf beiden 
Seiten der Grenze des flüssigen Sonnen 
körpers und findet dafür 40—75,000° E. 
Anderseits haben Lockyer und Frank- 
land aus der Beschaffenheit der Wasser 
stofflinien des ChromosphärenspektrumS 
den Schluß gezogen, daß der Druck an der 
untern Fläche der Chromosphäre bedeu 
tend kleiner ist als der der atmosphärischen 
Luft, und im Verfolg eines ähnlichen 
Gedankengangs gelaugt Zöllner dahin, 
diesen Druck zwischen 50—500mm Queck 
silbersäule anzunehmen. Setzt man nun 
die Dichte der in der S. eingeschlossenen 
Wasserstoffmassen gleich der mittlern Dichle 
der S., so ergibt sich unter Annahme der 
Temperaturdifferenz von 40,000° C. für 
die erwähnten beiden Drucke die kleinst- 
mögliche Temperatur an der Basis der 
Chromosphäre zu 26,000 oder 29,500°, 
also im Mittel zu 27,700° C. Da diese 
Temperatur etwa achtmal so groß ist als 
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