465
Sonne (Zöllners Theorie).
sehr dünn ist, während ihre Masse haupt
sächlich an den Rändern sich anhäuft. Die
Abkühlung, welche über der Wolke dadurch
eintritt, daß dieselbe die Strahlen des
Sonnenkörpcrs teilweise abhält, bewirkt
hier einen niedersteigenden Luftstrom.
Die Luft, die dadurch aus größer» Höhen
der Atmosphäre fortgeführt wird, muß
ersetzt werden, was durch einen aufsteigen
den Luftstrom rings um die Wolke ge
schieht. In letzterer selbst werden beide
Ströme ineinander übergehen, so daß die
selbe das Veit horizontaler, von innen
nach außen verlaufender Strömungen
wird. Diese Strömungen, die infolge der
enormen Tcnlpcralurdijserenzen, denen sie
ihren Ursprung verdanken, wohl die stärk
sten irdischen Orkane unendlich übertreffen,
müssen die Wolkcnmassen mit sich fort
reißen und so die Wolke in der Mitte
dünner, am Rande dagegen dicker machen.
Solche zentrifugale Lnstslröme werden auch
durch die dunkeln, nach außen zu breiter
werdenden Streifen angedeutet, die man
in den Penumbren beobacktet. Die merk
würdige Erscheinung, daß die Sonnen
stecke vorzugsweise innerhalb gewisser
Entfernungen vom Äquator auftreten,
sucht Kirchhofs durch atmosphärische
Strömungen ähnlich dem untern und
obern Passat aus der Erde zu erklären, wo
bei er sich auf den von Secch i aus seinen
Beobachtungen abgeleiteten, durch neuere
Untersuchungen von Langley allerdings
nicht bestätigten Satz beruft, daß die Po
largegenden der S. eine niedrigere Tem
peratur besitzen als die äquatorialen Re
gionen. Sonnenfackeln oder Lichtadern
müssen entstehen, wenn an der Oberfläche
der S. Körper sichtbar werden, welche ein
größeres Ausstrahlungsvermögen oder eine
höhere Temperatur als ihre Umgebung
besitzen. Daß Fackeln und Flecke oft nahe
bei einander auftreten, deutet vielleicht an,
daß die Fackeln zur Bildung von Wolken
in ihrer Nähe Veranlassung geben dadurch,
daß sie Temperaturverschiedenheiten und
infolge davon Strömungen in der Atmo
sphäre erregen, durch welche Schichten von
verschiedener Zusammensetzung und ver
schiedener Temperatur in Berührung
kommen; es ist aber auch denkbar, daß die
Astronomie.
Wolken die Bildung der Fackeln begünsti
gen, indem sie als schützende Decke die
Ausstrahlung der darunter liegenden Teile
der Oberfläche des Sonneukörpers schwä
chen und so bewirken, daß die fortwährend
aus dem Innern ausströmende Wärme
eine Temperaturerhöhung hervorbringt.
Diese von Kii ^)hoff 1861 aufge
stellte Theorie ist on Zöllner mehrfach
modifiziert worden. Derselbe hat seine
Theorie entwickelt in drei Abhandlungen,
die in den Berichten der Königlich Sächsi
schen Gesellschaft der Wissenschaften, ma
thematisch-physikalische Klasse, 1870 und
1871 veröffentlicht sind (»Über die Tempe
ratur und physische Beschaffenheit derS.«,
»Über die Periodizität und Heliographische
Verteilung der Sonnenflecke«, »Das Ro-
tationsgcsetz der S. und der großen Pla
neten«). Nach Zöllners Ansicht besteht
die S. aus einer nicht zusammendrückbaren
Flüssigkeit, in welcher nahe an der Ober
fläche lokale Ansammlungen von glühen
den Wasserstoffmassen stattfinden, welche
bei entsprechenden Druckdifferenzen aus
blasenartigen Hohlräumen als Eruptions
protuberanzen hervorbrechen. Aus der Ge
schwindigkeit des Anfsteigens der Wasser
stofseruptionen berechnet Zöllner nach den
Formeln der mechanischen Wärmetheorie
denUnterschied der Temperatur auf beiden
Seiten der Grenze des flüssigen Sonnen
körpers und findet dafür 40—75,000° E.
Anderseits haben Lockyer und Frank-
land aus der Beschaffenheit der Wasser
stofflinien des ChromosphärenspektrumS
den Schluß gezogen, daß der Druck an der
untern Fläche der Chromosphäre bedeu
tend kleiner ist als der der atmosphärischen
Luft, und im Verfolg eines ähnlichen
Gedankengangs gelaugt Zöllner dahin,
diesen Druck zwischen 50—500mm Queck
silbersäule anzunehmen. Setzt man nun
die Dichte der in der S. eingeschlossenen
Wasserstoffmassen gleich der mittlern Dichle
der S., so ergibt sich unter Annahme der
Temperaturdifferenz von 40,000° C. für
die erwähnten beiden Drucke die kleinst-
mögliche Temperatur an der Basis der
Chromosphäre zu 26,000 oder 29,500°,
also im Mittel zu 27,700° C. Da diese
Temperatur etwa achtmal so groß ist als
30