Full text: Lexikon der Astronomie

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Sternwarte (jetzt bestehende). 
Wunsch König Friedrichs I. von Preußen, 
bezüglich des Kalenders von andern Staa- 
tcn unabhängig zu sein. Die von diesem 
Fürsten begründete Akademie der Wissen 
schaften berief daher 1700 Gottfried Kirch 
als Astronomen, der von der Vollendung 
der S. 1706 bis zu seinem Tod 1710 
mit Frau, Sohn und Tochter fleißig beob 
achtete. Dieser Sohn, Christfried Kirch, 
erhielt 1716 — 40 die Direktion der S., 
nachdem vorher Joh. Heinr. Hoffmann 
1710 —16 an ihr thätig gewesen. 
Es folgten dann in der Direktion 1740— 
1749 Wagner, 1749—51 Grischow, 
1754 Kies, 1755 Ä pin us. 1756—67 
Huber, 1767—86 Joh. Bernoulli, 
1786 — 1825 Bode, 1825—63 Encke, 
unter welchem 1832 eine neue S. erbaut 
wurde, seit 1863 Förster. 
Zahlreiche Sternwarten entstanden im 
Lauf des 18. Jahrh., so: 1725 in Peters 
burg; 1755 in Wien, wo Peter Hell bis 
1792 Direktor war (umgebaut 1826—27 
unter I. I. v. Littrows Leitung, in den 
letzten Jahren durch einen großartigen 
Neubau auf den sogen. Türkenschanzcn 
nördlich von der Stadt ersetzt); zu Ox 
ford 1771 (aus einer Stiftung Rad- 
cliffes; Astronomen: Hornby, Robertson, 
Nigaud, Johnson, Main) ; in Florenz 1774 
(bekannt durch die Arbeiteu von Amici 
Donati und neuerdings Tempel, 1872 nach 
Arcetri verlegt); auf dem Seeberg bei 
Gotha 1791 (durch Zächs, Lindenaus und 
Hansens Arbeiten berühmt, unter Direk 
tion des letztern nach der Erfurter Vor 
stadt von Gotha verlegt); 1786 in Pa 
lermo (Beobachter: Piazzi bis 1817, Nic- 
colö und Gaetano Cacciatore, Nagona, 
Tacchini); Dublin 1792 (Brinkley, Ha 
milton, Brünnow)u.a. Im ganzen zählte 
man am Ende des vorigen Jahrhunderts 
gegen 150 Sternwarten, von denen nahezu 
ein Viertel auf Frankreich fiel. Diese 
Menge kleiner Sternwarten in Frankreich 
ist eingegangen; außer der Pariser S. 
blieben nur die Observatorien in Toulouse 
und Marseille in Thätigkeit, zu denen 
unter Napoleon III. noch daö astrophysi- 
kalische Observatorium zu Meudon bei 
Paris kam; neuerdings sind auch in Lyon, 
Besancon und Bordeaux Sternwarten ent 
standen, und der Pariser Bankier Bischofs 
heim hat eine solche in Nizza gegrün 
det. Trotz dieses Rückgangs der Zahl der 
Sternwarten in Frankreich ist die Ge 
samtzahl beträchtlich gewachsen und beträgt 
jetzt über 200. 
Diese Vermehrung kommt teilweise 
auf Rechnung des Baues neuer Stern 
warten in Europa, unter denen die rus 
sische Zentralsternwarte zu Pulkowa bei 
Petersburg (1839), die kaiserlich deutsche 
S. zu Straßburg und das astrophysika- 
lische Observatorium bei Potsdam durch 
ihre Großartigkeit, zweckmäßige Einrich 
tung und treffliche Ausstattung hervor 
ragen. Wesentlich kommt dabei aber noch 
in Betracht, daß in diesem Jahrhundert 
auch in außereuropäischen Ländern Stern 
warten errichtet worden sind. 
An der Spitze stehen die Vereinigten 
Staaten von Nordamerika, wo 1836 die 
erste eigentliche S. in Williamstown 
(Massachusetts) entstand. Es folgten dann 
die von Loomis 1837 erbaute S. des 
Western Reserve College in Hudson (Ohio) 
und in demselben Jahr die von Phila 
delphia, ferner 1844 diejenige des Jesui 
tenkollegs von Georgetown bei Washing 
ton, das durch Mitchell gegründete Ob 
servatorium in Cincinnati (Anfang der 
70er Jahre durch einen Neubau ersetzt). 
Ende 1844 waren auch das Observatorium 
des Harvard College zu Cambridge, au 
welchem die beiden Bond und seit 1866 
W inlock wirkten, sowie die Marinestern 
warte zu Washington, welche seit Novem 
ber 1873 einen großen Clarkschen Refrak 
tor besitzt, vollendet; die letztere S. ist be- 
sonders durch die Arbeiten von N e w c o m b, 
Holden und Hall berühmt. Außerdem 
besitzen die Vereinigten Staaten noch eine 
große Anzahl öffentlicher und Privatstern 
warten. Kanada besitzt seit 1863 einegroßd 
S. bei Quebeck. 
In Südamerika gründete Leutnant 
G i l li s die erste S. in Santiago de Chile 
1849; sie wurde 1852 Staatsanstalt und 
1857—60 durch einen Neubau ersetzt. 
Anfangs war Moesta Astronom an der 
selben, seit 1865 Vergara. Argentinien 
besitzt seit 1871 eine S. zu Cordova, an 
welcher Go uld arbeitet; Brasilien hat zu
	        
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