Full text: Lexikon der Astronomie

Rio de Janeiro schon seit 1845 eine S., 
an der jetzt Liais beobachtet, und ebenso 
Peru eine solche in Lima (seit 1866). 
In Afrika besteht seit den 20er Jahren 
dieses Jahrhunderts eine S. am Kap der 
Guten Hoffnung, an welcher Fallows 
(bis 1831), Henderson (1832 — 33), 
Maclear (1834—70), ©tone gewirkt 
haben. Ebenso bestehen in Ostindien Stern 
warten zu Madras (seit 1819), Lakhnau 
(seit 1841) und Trevandrum. Australien 
hat solche inParamatta (1821 von Bris 
bane gegründet), die 1855 nach Sydney 
verlegt wurde, sowie in Melbourne (seit 
1853); außerdem besteht in Windsor eine 
Privatsternwarte, Tebbntt gehörig. 
Außer den öffentlichen Sternwarten 
sind auch die privaten für die Entwicke 
lung der Wissenschaft von großer Bedeu 
tung. Man denke nur an die Leistungen 
von Schröter inLilienthal, vonW.Her- 
schel u. a. Großbritannien ist der Staat, 
welcher die weitaus größte Anzahl solcher 
Observatorien aufzuweisen hat. 
Was nun die Anlage und Einrichtung 
einer S. anlangt, so ist eine ruhige, vor 
den Einflüssen der Witterung und vor Er 
schütterungen möglichst geschützte Lage, die 
eine feste, unveränderliche Aufstellung der 
größern Instrumente gestattet, erstes Er 
fordernis. Früher, ehe die Beobachtungs 
instrumente den gegenwärtigen Grad der 
Vollendung erlangt hatten/benutzte man 
gern hohe Türme, die eine nach allen 
Seiten freie, bis an den Horizont rei 
chende Aussicht bieten, zur Anlegung von 
Sternwarten, und noch 1769 meinte der 
Wiener Astronom Hell, als er bei einer 
Reise durch Leipzig den Turm der dorti 
gen Pleißenburg bestieg, daß er noch keinen 
tauglichern Ort zur Anlegung einer S. 
gesehen habe. Davon ist man seit An 
fang dieses Jahrhunderts zurückgekom 
men, weil Beobachtungen in der Nähe 
des Horizonts, in weniger als 10° Höhe, 
wegen der Unregelmäßigkeiten der Re 
fraktion geringen Wert haben. Man stellt 
deshalb jetzt alle größern Instrumente, 
namentlich die Meridiankreise, ziemlich 
tief auf. Damit der Boden, auf dem die 
S. steht, keinen Erschütterungen durch 
Wagen k. ausgesetzt ist, legt man die 
Sternwarten jetzt gern in einige Entfer 
nung von den Städten, wodurch man 
gleichzeitig dem störenden Einfluß der 
Straßenbeleuchtung entgeht. 
Die Haupträume für eine S. der Jetzt 
zeit sind: ein Turm mit drehbarer 
Kuppel für das Äquatorial, ein Zimmer 
mit einem Durchschnitt von N. nach S. 
für den Meridiankreis, ein andres mit 
einem Durchschnitt von W. nach O. für 
ein Passageinstrument im ersten Vertikal, 
dazu noch Räume für gelegentliche Beob 
achtungen mit transportabeln Instru 
menten. Zu den Hauptinstrumenten ge 
hören außer den erwähnten noch Uhren: 
eine Hauptuhr in einem Raum von mög 
lichst unveränderlicher Temperatur, eine 
fest aufgestellte Uhr im Turm und im 
Meridianzimmer; hier ist ferner ein Chro 
nograph wünschenswert. Zur Beobachtung 
der Temperatur und des Luftdrucks behufs 
Berechnung der Refraktion sind Thermo 
meter und Barometer nötig. 
Meist werden die verschiedenen Beobach 
tungsräume und außerdem Bibliothek 
zimmer, Wohn- und Arbeitsräume in 
ein und demselben Gebäude angeordnet. 
So besteht z. B. die neue Wiener D. aus 
einem in Form eines griechischen Kreuzes 
angelegten Barl, dessen Ausdehnung von 
N. nach S. 330, von O. nach W. 240 
Fuß beträgt. Der längere, nach S. gerich 
tete Arm enthält die Wohnung des Direk 
tors, die Bibliothek, Büreaus rc. An der 
Kreuzungsstelle befindet sich die große 
Drehkuppel von 45 Fuß Durchmesser mit 
dem Grubbschen Äquatorial; kleinere 
Drehkuppeln sind an den nach W., N. 
und O. gerichteten Armen. Das Meri 
dianzimmer besindet sich im Westarm, im 
Nordarm dagegen ist ein Passagcinstru- 
ment im ersten Vertikal aufgestellt. 
Dagegen besteht die neue Universitäts 
sternwarte in Straßburg aus zwei klei 
nern, voneinander entfernten Gebäuden 
für die Instrumente und einem besondern 
Beamtenhaus, das durch gedeckte Galerien 
mit den beiden erstern verbunden ist. Von 
diesen enthält das eine, der Refraktorbau, 
unter einer 34,000 kg schweren, aus Eisen 
konstruierten, innen mit Holz, außen aber 
mit Zinn verkleideten Kuppel von 11 m
	        
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