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Weltsystem (kopernikanisches).
Widerstands der katholischen Kirche, der
erst in diesem Jahrhundert (1820) offiziell
aufgegeben ward.
Seit der Mitte des vorigen Jahrhun
derts begegnen wir einer erweiterten Vor
stellung vom W., die nicht mehr beschränkt
ist auf die Wirkungssphäre unsrer Sonne,
sondern die sich bezieht auf die Anord
nung und Gruppierung der Firsternwelt
und die gegenseitige Abhängigkeit ihrer
Glieder. Vor allem ist hier der zuerst von
Thomas Wright ausgesprochene, später
von Kant auf spekulativem Weg, von
dem ältern Herschel auf Grund seiner
Beobachtungen wciterentwickelte Gedanke
zu erwähnen, daß dasjenige Sternsystem,
dem wir angehören, eine linsenförmige
Gestalt hat, deren Kante durch die Milch
straße bezeichnet ist, und daß die Nebel
flecke Fixsternsysteme ähnlicher Art sind;
vgl. Kosmogome, S. 284. Ferner gehört hier
her die von Lambert und später von
Mädler weiter ausgebildete Lehre von
der Bewegung der Fixsterne unsers Sy
stems um ein Zentrum; vgl. Zentralsonne.
Um zu einer genauern Kenntnis des
Baues desjenigen Sternsystems zu gelan
gen, dem unsre Sonne mit ihrem Planeten
system angehört, teilte W. Herschel den
Himmel auf jeder Seite der Milchstraße in
sechs Zonen, die parallel zur Milchstraße
gehen und je 1b" breit sind. Die erste
dieser Zonen erstreckt sich von 90—75°,
die zweite von 75 — 60° Abstand von der
Milchstraße rc. Mit einem Fernrohr von
18Zoll Öffnung, dessen Gesichtsfeld unge-
fähr ein Viertel der Mondscheibe umfaßte,
stellte er nun in den verschiedensten Abstän
den von der Milchstraße Beobachtungen in
der Weise an, daß er jedesmal die Anzahl
der Sterne zählte, die gleichzeitig im Fern
rohr sichtbar waren. Aus einer großen
Anzahl (3400) solcher Beobachtungen er
gaben sich dann für die Anzahl der im
Gesichtsfeld sichtbaren Sterne für die ver
schiedenen Zonen folgende Mittelwerte:
1. Zone 90°— 75° .... 4,3 Sterne
2. - 75—60 .... 5,4
3. - 60 —45 .... 8,2
4. - 45—30 .... 13,s
5. - 30—15 .... 24,1 -
6. - 15—0 .... 53,4 .
I. Herschel hat später mit demselben
Instrument auf der südlichen Halbkugel
Beobachtungen angestellt und für die ein
zelnen Zonen die Zahlen 6,v, 6,6, 9,1,13,5,
26,3, 59,i erhalten, die etwas größer sind,
aber in der Hauptsache demselben Gesetz
folgen wie obige. Der etwas größere Stern
reichtum der südlichen Halbkugel läßt sich
durch die Annahme erklären, daß unser
Sonnensystem nicht ganz in der Mitte des
Fixstern systems liegt, sondern etwas nach
der nördlichen Seite hin. Indem nun Her
schel von der Annahme ausging, daß die
Sterne durch das ganze System gleich
mäßig dicht verteilt seien, kam er, wie
Wright und Kant, zu der Annahme einer
linsenförmigen Gestalt, und zwar fand er
die Ausdehnung in der Ebene der Milch
straße fünfmal so groß als in der dazu
senkrechten Richtung. Nach Herschel ist
aber die Form des Sternsystcms im ein
zelnen nicht so regelmäßig, wie man früher
angenommen hatte; namentlich machte er
aufmerksam auf einen tiefen Einschnitt,
der in der Längsrichtung von der äußersten
Grenze bis nahe zum Zentrum reicht und
welcher die Teilungen der Milchstraße im
Schwan, Adler rc/veranlaßt. Durch Hel
ligkeitsmessungen der Sterne kam Her
schel ferner dahin, die Entfernung der
Endpunkte der Längsachse des Systems
zu 850 Einheiten, die Entfernung der
äußersten Punkte in der senkrechten Rich
tung aber zu 155 Einheiten anzunehmen,
als Einheit die mittlere Entfernung eines
Sterns 1. Größe angenommen. Setzt
man diese gleich 16 Jahren Lichtzeit, so
erhält man für die größte Ausdehnung
des Systems die ungeheure Größe von
13,000 Lichtjahren.
Diese Vorstellungen hat Herschel später
mehrfach modifiziert, und ebenso haben
die Beobachtungen andrer Astronomen,
besonders Argelanders, Anlaß gegeben,
dieselben zu berichtigen. Insbesondere ist
die Hypothese einer gleichförmigen Ver
teilung der Sterne im Raum unzulässig,
da die Beobachtungen thatsächlich bedeu
tende Ungleichheiten an nahe benachbar
ten Stellen nachweisen. Im großen und
ganzen aber wird Wrights Ansicht auch
heute noch festgehalten.