Full text: Lexikon der Astronomie

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Bewohnbarkeit der Himmelskörper. 
»Wie kann man sich«, so fragt Brewster, 
»nur vorstellen, daß die Erde, ein unbe 
deutender Punkt im All, ein Planet, den 
nichts Besonderes auszeichnet, der in un 
serm System weder den Mittelpunkt bil 
det, noch in größter Sonnennähe sich be 
findet, der ausschließliche und bevorzugte 
Sitz des geistigen und animalischen Le 
bens sei? Darf man wohl behaupten, 
daß Jupiter z. B., ein Riese nach seinen 
Massenperhältnissen und in die Mitte 
unsers Systems gestellt, keine uns ähn 
lichen Bewohner tragen sollte? Ist man 
befugt zu der Vermutung, daß die Fix 
sterne mit den Planeten, die sie begleiten, 
und ihren vermutlichen Satelliten ihre 
täglichen, jährlichen und säkularen Be 
wegungen vollziehen, ungesehen und un 
beobachtet eine Aufgabe erfüllen sollten, 
welche der menschliche Verstand nicht zu 
erfassen verinag? Man denke sich Licht, 
das nichts erleuchtet, Feuer, das nichts 
erwärmt, Wässer, die keinen Durst stillen, 
Wolken, die nichts beschatten, und Lüfte, 
die niemand erquicken!« 
Wie unbegründet aber in Wahrheit eine 
solche Betrachtung ist, das lehrt uns die 
von der Geologie erwiesene Thatsache, daß 
auch unsre Erde Millionen von Jahren 
hindurch weder Tiere noch Menschen trug. 
Die Dauer des Menschengeschlechts voll 
ends ist im Vergleich zu den Zeiträumen, 
in denen nach den Ergebnissen der geolo 
gischen Forschung unsre Erde allmählich 
zu dem wurde, was sie jetzt ist, nur ver 
schwindend klein. »Der Mensch«, so 
schreibt Whewell (Ȇber die Mehrheit 
der Welten«, 1853), »ist ein ebenso unbe 
deutendes Wesen im Vergleich zu den 
Zeiten wie jum Raum. Das Menschen 
geschlecht füllt ebensogut nur ein Atom 
der Zeit aus, wie es nur ein Atom 
im Raum erfüllt. Wenn unsre Erde, 
die Wohnftätt^des Menschen, nur ein 
Punkt im unendlichen All ist, so ist die 
Gegenwart der Menschheit auch nichts 
weiter als ein Punkt am Ablauf einer 
unendlichen Zeit.« So gut nun, wie die 
Erde undenkbar lange Zeit ohne animali 
sches und geistiges Leben war, so gut kann 
auch dasselbe noch jetzt auf sie allein be 
schränkt sein. 
Auf solche Weise läßt sich weder für noch 
gegen die Existenz von Bewohnern andrer 
Himmelskörper etwas Sicheres beweisen. 
Ohnedies dürfte es nicht zulässig sein, 
die Existenz oder Nichteristenz lebender 
Wesen nach dem Maßstab menschlicher 
Zweckmäßigkeit zu bemessen. Anders steht 
es mit der Frage nach der Möglichkeit 
von Bewohnern auf einzelnen Weltkör 
pern. Jedenfalls werden wir diese Mög 
lichkeit da in Abrede stellen müssen, wo 
diejenigen Bedingungen fehlen, die nach 
der Erfahrung auf unsrer Erde als not 
wendig für das Dasein von Organis 
men zu erachten sind, nämlich Luft, Wärme 
und Feuchtigkeit. 
. Fragen wir nun, wie weit sokche Be 
dingungen bei den Körpern unsers Son 
nensystems erfüllt sind, so wissen wir zu 
nächst vom Monde, daß auf demselben ent 
weder gar keine oder doch nur eine so stark 
verdünnte Atmospäre vorhanden ist, daß 
an eine Existenz lebender Wesen auf ihm 
nicht zu denken ist. Man muß sich dabei 
erinnern, daß es sich um die Abwesen 
heit nicht bloß der Luft, sondern auch des 
Wassers handelt; denn wäre solches vor 
handen, so würde es verdunsten und eine 
Wasserdunsthülle um den Mond bilden. 
Dagegen berufen sich die Anhänger der 
Bewohnbarkeit des Mondes auf eine von 
dem Astronomen Hansen 1854 auf theo 
retischem Weg abgeleitete Eigentümlich 
keit in der Konfiguration des Mondes, 
die freilich später (1869) von dem Ameri 
kaner Newcomb wieder in Abrede gestellt 
worden ist. Hansen hat nämlich aus sei 
nen Untersuchungen über die Bewegung 
des Mondes den Schluß gezogen, daß bt'r 
Schwerpunkt des Mondes ungefähr 59 
km weiter von uns entfernt liegt als 
sein geometrischer Mittelpunkt. Erin 
nern wir uns noch, daß der Mond uns 
in der Hauptsache (über die Abweichungen 
vgl. Libration) immer dieselbe Seite zu 
kehrt, so werden wir aus der Hansen- 
schen Entdeckung den Schluß ziehen, daß 
die uns zugewendete Seite unsers Tra 
banten im Vergleich zu der von uns ab 
gewendeten die Rolle eines Bergs spielt, 
und eS hat schon Hansen darauf hinge 
wiesen, daß, wenn auch die erstere uns
	        
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