Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Die Grundlagen der topographischen Abbildungen. 
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an den Kartenecken die Greenwicheinteilung an oder verzeichnen sie am obern 
Kartenrand, wie es bei der Vogelschen Karte von Deutschland geschieht, die oben 
Greenwich zeigt, sonst aber nach dem Pariser Meridian, gleichsam als einem verkappten 
Perrograd, orientiert ist. 
Gemäß der alten Einteilung des Kreisumfanges zählen wir 360 Längengrade, 
gewöhnlich 180° östlich und 180° westlich, obwohl schon Mercator für eine durch 
gängige Zählung nach einer Eichtung eingetreten ist. Vom Äquator aus zählt man 
polwärts je 90 Parallel- oder Breitenkreise, deren 90. mit den Polpunkten zusammen 
fällt. Da das Gradnetz nicht terrestrischen Ursprungs ist, sondern von dem Himmels 
netz der Astronomen auf die Erde übertragen wurde, ist eine weitere Folge, die geo 
graphischen Länger anstatt in Bogen- oder Gradmaß in Zeitmaß auszudrücken, indem 
man davon ausgeht, daß für einen Punkt P je nach seiner Lage (östlich oder westlich) 
zum Nullmeridian die Sonne früher oder später aufgeht als für irgendeinen Punkt 
auf dem Nullmeridian. 1 
Neben der alten Kreisteilung in 360° zu je 60' zu je 60" gibt es die dezimale oder 
neue Kreisteilung, nach der der Kreisumfang in 400° zu je 100' zu je 100" unterteilt 
wird. Es mehren sich die Stimmen, dieser Kreiseinteilung größeres Gewicht und damit 
größere Verbreitung zu verleihen. Bis jetzt finden wir sie zum ersten Male für eine 
große offizielle Karte auf der Carte de France in 1 : 80000 angewandt. 
Da der Geograph an die Angabe und Bestimmung der Orte und geographischen 
Objekte lediglich nach geographischen Koordinaten gewohnt ist, betrachtet er die 
Wiedergabe des Gradnetzes auf der Karte als eine Conditio sine qua non. Je nach 
dem es der Kartenmaßstab erlaubt, wird das Kartennetz in 1 / 2 -, 1-, 2-, 5-, 10- usw. 
Gradeinheiten ausgezogen. Um das Kartenbild mit Linien nicht zu überlasten, ist der 
Kartenrand zwischen den ausgezogenen Hauptgraden noch in die nötigen Untergrade 
eingeteilt, mit deren Hilfe es nicht schwer ist, die Lage eines jeden Ortes abzugreifen. 
Was für chorographische Karten als etwas Selbstverständliches erscheint, ist 
nicht in gleicher Weise für die topographischen der Fall. Wohl sind die geographischen 
Netzlinien auch auf den meisten offiziellen Karten zu bemerken, aber nur an den 
Kartenrändern finden sie sich durch Teilstriche angedeutet. Gemäß dem großen 
Maßstabe wird in der Regel die Minutenteilung durchgeführt, wie auf den Meßtisch 
blättern von Preußen, Sachsen und Bayern. Auf den württembergischen Karten in 
1 : 25000 wurden bis 1913 sogar Einzehntelminuten angegeben 1 2 , d. h. die Teilstriche 
von 6 zu 6". Baden und Hessen haben sich die Arbeit bezüglich der geographischen 
Graduierung erleichtert und nur die Blattecken der Meßtischblätter mit Angaben 
über die geographischen Koordinaten versehen. Auf dem Topographischen Atlas von 
Bayern in 1 :50000 und auf verschiedenen offiziellen Kartenwerken in Belgien, 
Italien und Spanien finden wir überhaupt keinen Vermerk über die geographische 
Graduierung. Das Netz dieser Karten geht von dem Meridian und dem Parallel eines 
Ortes in der Mitte des abzubildenden Landes aus. Auf diesen beziehen sich unmittel 
bar alle Längen innerhalb des Kartenwerkes. Mithin finden Beziehungen zu den 
„absoluten" Längen, die sich nach dem offiziellen Nullmeridian richten, nicht statt, 
auch der Kartenrand gibt keinerlei Andeutungen. 
1 S. Anm. 2, S. 243 in dem Teil „Kartenaufnahme“. 
2 Vgl. A. Egerer: Kartenkunde. I. Einführung in das Kartenverständnis. Leipzig u. Berlin 
1920, S.21. Dies Büchlein von Egerer unterrichtet ausführlicher über die oben behandelten Probleme. 
Die herangezogenen Beispiele machen es besonders wertvoll.
	        
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