Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Die kartographische Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts. 
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reichen „Erdbeschreibung“ gelang es Büsching nicht 1 , die Geographie volkstümlich 
zu machen, wohl aber hatte dies in Frankreich K. Maltebrun (1775—1826), ein Däne 
von Geburt, aber völlig Pariser geworden, durch zahlreiche Schriften und Karten 
fertig gebracht. Immer noch wurde die Geographie mehr durch die Kartographie 
als die Kartographie durch die Geographie gefördert. Globus und Karte wurden 
durch Watts 1 2 , Brion 3 , Bode 4 u. a. für die Allgemeinheit zum Übungsfeld für eine 
Menge astronomischer und geographischer Aufgaben. 
Seit der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Ostindien ist kein Jahr 
hundert so tätig an der Entschleierung des Weltbildes wie das 18. Jahrhundert ge 
wesen. Die Cookschen Reisen, besonders die zweite, deren naturwissenschaftlichen 
Ergebnisse wir unserm großen Landsmann Joh. Reinh. Förster verdanken, wiesen 
die „Terra australis“ in die ihr gebührenden Schranken zurück. Die Weltkarten wurden 
nicht bloß richtiger, sondern auch unsern heutigen Erdübersichtskarten wesentlich 
ähnlicher gezeichnet. Die mathematische Seite der Lehre von der Abbildung der 
Erdoberfläche erfuhr eine gründliche Umgestaltung; die führenden Geister waren 
J. H. Lambert, L. Euler und J. L. Lagrange. 
255. Geheimhalten staatlicher Kartenwerke. Die staatliche Übernahme des 
Vermessungswesens. Der topographischen Karte wurde neuer Inhalt und neues 
Gewand verliehen. Von der Notwendigkeit guter topographischer Aufnahmen waren 
die meisten europäischen Staaten überzeugt, einmal aus verwaltungstechnischen 
Gründen (Steuererhebung) und sodann wegen Maßnahmen der Landesverteidigung. 
Der Siebenjährige Krieg hatte in Deutschland sowohl wie in Österreich das Bedürfnis 
nach guten Karten geweckt. Die staatlichen Aufnahmen wurden größtenteils geheim 
gehalten, da die Machthaber Angst hatten, es könnte dem Feinde durch Kenntnis 
der Festungen, Straßen, Pässe usw. ein Vorteil entstehen. 5 Darum wurden Berge 
und Flüsse, besonders in den Grenzgebieten, ganz willkürlich versetzt. 6 Die Be 
fürchtungen waren nicht ganz unberechtigt. Selbst Städte trugen Sorge, daß ihr 
genauer Stadtplan nicht bekannt würde. Wir wissen schon aus früherer Zeit, daß 
die Vollendung von D. Speckels „Ansicht der Befestigung von Straßburg“ (um 1565) 
vom Rat der Stadt Straßburg unterbunden wurde, „da dadurch der Stadt Straßburg 
Schaden entstehen könne“. 7 Die Festungspläne gehören heute noch in das Geheim 
1 11 Teile hatte Büsching 1754—1792 herausgegeben, das Werk wurde durch andere Schrift 
steller 1807 vollendet. 
2 J. Watts: The first principies of astronomy and geography explain’d by the use of globes 
and inaps. 3. verb. Aufl. London 1736. 
3 Atlas du Sf Brion. Paris 1786. Mit „Table alphabétique des régions, états, provinces et 
principaux lieux de la terre; avec les numéros des cartes où ils sont décrits. Darin eine Menge Globus 
aufgaben. 
4 J. E. Bode: Beschreibung und Gebrauch einer auf den Horizont von Berlin entworfenen 
neuen Weltcharte. Berlin und Stettin 1783. Darin „Gebrauch der Weltcharten . . . durch verschiedene 
Aufgaben gezeigt“. 
5 König Friedrich II. von Preußen hielt seine Kabinettskarte geheim. — Auch die Publikation 
der verbesserten Cassinischen Karte, deren topographische Grundlage im großen und ganzen 1789 
beendet war, wurde bis zum Jahre 1815 hinausgeschoben, weil Napoleon eine derartig detaillierte 
Karte als eine Kriegswaffe erachtete. — Die großen militärischen Aufnahmen unter Kaiser Joseph II. 
waren nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. 
6 Vgl. v. Zachs Monatliche Correspondenz. IX. 1804. S. 400. 
7 K. Schott: Die Entwicklung der Kartographie des Elsasses. Mitt. d. Ges. f. Erdk. u. Kolonial 
wesen zu Straßburg i. E. 1914, S. 141.
	        
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