Das Punktsystem und seine Anwendung.
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Die physikalischen Karten im Neuen methodischen Sehulatlas sind nur als
ein Versuch der neuen Geländedarstellung zu betrachten, der schon besser in der
völlig neu bearbeiteten Ausgabe geglückt ist, die kurz vor dem Weltkriege beendet
wurde und in verschiedenen Auflagen bereits vorliegt. Im Grunde genommen ist
der Versuch nichts anderes als die Übersetzung der Schraffenkarten mit den üblichen,
mehr oder weniger abgeänderten Regionalfarben der zumeist üblichen Schulatlanten.
In jener ersten Zeit des Entstehens des Punktsystems entstand auch die hier
als einzige Kartenbeilage wiedergegebene Karte des Vierwaldstätter Sees in
1 : 150000. Um sie mit einer gleich großen Karte in Schraffenmanier vergleichen
zu können, wählte ich die Karte desselben Sees in Brockhaus’ Konversations
lexikon, das für Vergleichszwecke jedem leicht zur Verfügung steht; nur im S
und N wurde das Kartenblatt auf Grund schweizerischen Kartenmaterials etwas
erweitert. Um recht packend zu veranschaulichen, was das Punktiersystem gegen
über der Schraffe leistet, wurde das Schraffenterrain der Karte von Brockhaus direkt
in die Punktiermanier übersetzt. 1 Auffällig ist auf den ersten Blick, daß die Plastik
der Pormen bedeutend mehr als bei der Schraffenkarte aus dem Kartenblatt heraus
springt, was auch der Eall sein würde, wenn die Punkte in brauner Farbe wie die
Schraffen in der Brockhausschen Karte gedruckt wären. Ich selbst enthalte mich
jeglichen weitern Urteils über das Kartenbild; doch diejenigen, denen ich es schon
vor längerer Zeit und jetzt wieder unterbreitet habe, sagten anstandslos, ohne gefragt
der Schweiz und andernLändern erteilt worden. Der deutsche Patentanspruch (Patentschrift Nr. 110973.
Kl. 42. Instrumente. 9. Febr. 1898) lautete: „Herstellungsverfahren für Landkarten mittels topo
graphischer Farbendruckplatten, dadurch gekennzeichnet, daß die Gebirge in einer dem Stich ähn
lichen Punktmanier sofort auf die Schwarzdruckplatte mit den übrigen Kartenzeichen übertragen
werden.“ Das Patent verlangte einen besondern Namen für dieses Verfahren, das ich „isophoto-
stigmatische Manier“ benannte. Ich legte weder auf diese Bezeichnung noch auf die pekuniäre Aus
beutung des Patentes Wert, obwohl mir damals eine glänzende Stellung in einem großen kartographischen
Institut angeboten worden war; mir war es lediglich eine Kraftprobe für die Durchsetzung des Neuen
und Besondern meiner Gebirgsdarstellung. Auf gegnerischer Seite witterte man ein großes Konkurrenz
unternehmen; wurden mir doch selbst von dieser Seite, wo man einen guten Absatz findenden Volks
schulatlas schon vorher angekauft hatte, schwere Gelder angeboten, um den Atlas eingehen zu lassen.
Bei all diesen Kämpfen und Widerwärtigkeiten gab mir eine Äußerung in einer der vielen glänzenden Be
sprechungen des Atlas, nämlich die von K. Peucker in den Vierteljahrsheften für den geograph. Unter
richt. II. 1903, S. 257, zu denken, die etwa dies ausdrücken wollte, daß der Atlas ein Beweis sei, daß
die darstellende Seite der Geographie (also die Kartographie) in Universitätskreisen gegenüber ihrer
schriftlich darstellenden Seite geringe Achtung genießt, „der Studierende wird über das Kartenwesen
nicht unterrichtet (cum grano salis zu verstehen) und so lernt er eben das Wesen kartographischer
Arbeit nicht kennen.“ Das reizte mich, der ich damals Assistent an der Universität Leipzig war, ganz
besonders an, über kartographische Probleme weiter nachzudenken und die Kartographie teilweise
selbst praktisch kennen zu lernen und auszuüben, was mir nicht schwer fiel, da ich von Jugend an gern
zeichnete. Der Atlas war unterdessen in den tätigen Verlag von H. Schroedel in Halle a. S. über
gegangen. Innerhalb zwei bis vier Jahren hatten sich viele Volksschulatlanten, selbst auch die nam
hafter Verlage, nach den in meinem Atlas zum Ausdruck gebrachten methodischen Neuerungen, die
vereinzelt auch von pädagogischer Seite aus bekämpft worden waren, umgestelit. Natürlich legte ich
von Auflage zu Auflage des Atlas die bessernde Hand an, jedoch die Gestalt, wie ich sie von vornherein
wünschte und erstrebt hatte, erhielt der Atlas erst mit der Bearbeitung, die kurz vor dem Krieg be
endet war (jetzt liegt bereits die 70. Auflage vor), und worin sämtliche Karten von Anfang bis Ende
von mir entworfen und großenteils von mir auch selbst gezeichnet wurden, und tüchtige Kartographen
für eine gute Reproduktion der Karten Sorge trugen.
1 Bei der Herstellung der Karte war mir der Kartograph W. Graupner (Firma Graupner &
Körner in Leipzig) sehr behilflich, wofür ihm an dieser Stelle mein besonderer Dank ausgesprochen sei.