Die Seekartenprojektionen.
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Schlüsse eine Karte in Mercatorprojektion. 1 Im Atlas méthodique et élémentaire
de géographie et d’histoire, Paris 1761, bringt Buy de Mornas auf Blatt 28 die Carte
réduite de l’océan occidental, nachdem das Département de la marine eine gleiche
Karte bereits 1742 veröffentlicht hatte. Aus jener Zeit stammen noch andere Mercator-
karten, wie von Franciscus Hoeius 1 2 , von N. Bellin, von J. E. Bode. Beilins Karten
werk „Essay d’une carte réduite“ aus dem Jahre 1748 bringt eine Weltkarte, die
im N etwas über 82° und im S über 77° hinausragt. In der Mitte der Karte, also
nördlich und südlich des Äquators, sind die Breitengrade über das Maß der Mercator-
karte hinaus gedehnt (eine gewisse Annäherung zu den Breiten in Äquatorferne).
Mithin liegt hier keine reine Mercatorprojektion vor, die von Bellin aber wieder bei
der Carte réduite des costes de la Louisiane et de la Floride (1764) und bei einer Karte
des Mittelmeeres befolgt wird (1770?). In dem Atlas von Bonne, dem Ingenieur-
Hydrographen der Marine, durfte die Mercatorprojektion bei der Planisphère général
pour servir a l’intelligence de la navigation etc. nicht fehlen. 3 Bodes Mercatorkarte
war dem dritten Teil von Georg Simon Klügels Encyclopädie beigegeben ; sie ist im
Maßstab von 1 : 118000000 gezeichnet und reicht nördlich und südlich bis zu den
Polarkreisen. 4 Er selbst erklärt in seiner „Anleitung zur allgemeinen Kenntniß der
Erdkugel“ in einfachen und klaren Worten die reduzierte Karte und weist auf deren
Bedeutung für die Schiffahrt hin. 5 Wie man die Projektion mit den wachsenden
Breiten einzuschätzen wußte, bezeugen zwei hervorragende französische Aussprüche.
P. Bouguer sagte 1753: „Les cartes réduites sont une des plus belles inventions de
l’esprit humain,“ 6 und J. J. de Lalande 1792: „Les cartes réduites sont les plus utiles,
qu’il y ait; on peut en regarder l’invention comme une des découvertes importantes
du 16. siècle.“ 7 Daneben häufen sich die Erklärungen über den Aufbau der Karte
mit den wachsenden Breiten, nicht bloß in der französischen, sondern auch in der
deutschen Literatur. Verwiesen sei nur auf L. H. Böhl 8 und J. E. Bode. 9
Ende des 18. Jahrhunderts beginnen die Bestrebungen, die Mercatorprojektion
einem großem Kreis von Benutzern und nicht bloß den Nautikern zugänglich zu
machen. In Frankreich gaben P. G. Chanlaire und Fr. S. Mentelle Karten in Mer
catorprojektion heraus (1798). Vor allem aber war es in England A. Arrowsmith,
dessen Erdkarten eine weite Verbreitung fanden. Zu ihrer eigentlichen Domäne,
der Seekarte, gewinnt die Projektion ein neues Feld, indem sie der tonangebende
Entwurf jeglicher Weltkartendarstellung wird. Dieser Siegeszug der Projektion
1 • • • j-Uf Ji > (A new atlas; preceded by a treatise on geography by Mahmud Efendi
dated the 1219 1,1 year of the Hegirah.) [Br. Mus. London.] iMA sjp JJL-f Scutari 1803.
2 Fr. Hoeius: Nova orbis terrarum geographica ac hydrographica descriptio. Gedruckt zu
Amsterdam bei Hugo Allardt, s. a. [Bi. Nat. Paris.]
3 Karte Nr. 2 in dem Atlas de toutes les parties connues du globe terrestre. Paris s. a. (1778).
4 G. S. Klügel: Encyclopädie, a. a. O. — J. E. Bode weist in seiner „Kurzgefaßten Er
läuterung der Sternkunde und den dazu gehörigen Wissenschaften“ (Berlin 1778, Teil II, S. 543)
auf Fig. 148 hin, die eine richtig entworfene reduzierte Seekarte abbilde. Es ist aber nur ein Mercator-
netz und keine Karte im eigentlichen Sinne. Dies Verfahren hat auch dazu geführt, eben von der
Mercatorprojektion direkt als von der Mercatorkarte zu sprechen.
5 J. E. Bode: Anleitung zur allgemeinen Kenntniß der Erdkugel. 2. Aufl. Berlin 1803, S. 330.
0 P. Bouguer: Nouveau traite da la navigation. Paris 1753, S. 120.
7 J. J. de Lalande: Astronomie des dames. Paris 1792, § 4070.
8 L. H. Röhl: Anleitg., a. a. O., S. 209ff.
9 J. E. Bode: Kurzgefaßte Erläuterung, a. a. O., S. 541 ff.
Eckert, Kartenwissenschaft. II. 0