Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

140 
Die angewandte Karte und ihre wissenschaftliche Methode. 
52. Das Kartenstciiogramm. In der Kartenliteratur begegnet man dann und 
wann dem Ausdruck „Stenogramm“. Auch ich habe ihn gebraucht. Trotz der 
„Klangmalerei“ hat er weder mit Diagramm noch Kartogramm etwas Wesens 
verwandtes. Wenn er trotzdem erwähnt wird, geschieht dies nur der Vollständigkeit 
halber, und es sei betont, daß er innerlich in ganz losem Zusammenhang mit vor 
liegender Untersuchung steht. Im Diagramm und Kartogramm sind bestimmte 
methodische Arbeitsrichtungen verkörpert, was man vom Stenogramm nicht be 
haupten kann. Eine Art Methode steckt sicherlich im Stenogramm, aber die damit 
verbundene konsequente Durchführung ermangelt ihm. Eine eng beschriebene 
Schriftplatte der Karte kann man als Stenogramm bezeichnen. Die halbstumme 
Karte, wenn nicht gar die ganz stumme Karte, könnte unter die Kategorie der Karten- 
stenogramme aufgezählt werden. Zuletzt gehören die schnell hergestellten (flüchtig 
hingeworfenen), mit allerhand Signaturen und Abbreviaturen versehenen Karten 
hierher. Unter Umständen läßt sich im Stenogramm selbst dem Gesetz der großen 
Zahl Genüge tun, indem charakteristische Züge im Kartenbild auf Grundlage von 
Mittelwerten herausgearbeitet werden, ohne auf deren Vollständigkeit im Detail 
großen Wert zu legen. 
Während aber dem Diagramm und Kartogramm etwas Selbständiges und 
Fertiges anhaftet, ist das Stenogramm stets unfertig. Es kann sich niemals selbst 
genügen. So wird es immer den Auftakt zu einem zu vervollständigenden Karten 
bild abgeben, was an und für sich ganz gut und nützlich ist, aber niemals befriedigen 
wird. Ebenso wird es kaum die Grundlage zu anschließenden Deduktionen bilden. 
53. Die vermeintliche geographische Methode der Statistik. Die oben behandelten 
Kartogramme gestatten die Zahlenwerte absolut und relativ darzüstellen; das stati 
stische Kartogramm im engern Sinne, das eigentliche geographische Flächenkarto- 
gramm, ist mehr das Darstellungsbereich der relativen als der absoluten Zahl. Auf 
diesem Kartogramm erscheinen statistische Durchschnittsverhältnisse, vorausgesetzt, 
daß sie eine allgemeine Bezugnahme auf das zu untersuchende bzw. darzustellende 
Gebiet gestatten, für sämtliche Länder eines Erdteils 1 oder sämtliche Abschnitte 
eines Landes durch Farbe oder Schraffur bestimmt gruppiert. Das Kartogramm 
wird um so großem Wert erhalten, je kleiner die territorialen Elemente sind, auf die 
die statistischen Verhältnisse übertragen werden. Die Ermittlung größerer natür 
licher Zusammenhänge und Gebiete aus den kleinern, durch die statistischen Durch 
schnittswerte festgelegten Gebietsteilen nennt G. v. Mayr die „geographische Methode“ 
der Statistik. Die Begrenzung der großem natürlichen Gebiete greift vielfach über 
die Provinzialgrenzen hinaus, bewahrt aber immer noch die Grenzen der kleinsten 
Gebiete; aber durch die einheitliche Farbengebung stehen sie als Sonder-, eben als 
Naturgebiete nach Mayr, den administrativ großem Gebilden gegenüber. Er bringt 
selbst zum Ausdruck, daß er der erste sei, der die geographische Methode bewußt 
angewendet und ausgebildet habe. 1 2 Aber dennoch hat er einen Vorgänger gehabt, und 
zwar in A. Petermann, der lange vor ihm, wohl nicht für Spezialkarten, sondern 
für generelle Übersichten, die geographische Methode der Statistik bei seinen zahl 
1 z. B. Max Weitz: Salpeter-Consum Europas i. J. 1895 in 100 kg. Die Länder Europas 
sind nach neun Stufen (darunter acht braune) je nach Konsum abschattiert. [Comm.-Bi. Hamburg.] 
2 Vgl. die Karte der Kindersterblichkeit in Süddeutschland aus dem Jahrgange 1870 der Z. 
des k. bayer. statist. Bureaus. Ein Bruchstück dieser Karte, Fig. XVIII, auch in der Schrift von 
(r. Mayr. a. a. O.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.